Brasiliens Präsidentin ruft zur Aufarbeitung der Diktatur auf

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Die rebellierende Armee Brasiliens hatte am 1. April 1964 Staatspräsident Goulart gestürzt und die Macht übernommen.
Brasiliens Präsidentin ruft zur Aufarbeitung der Diktatur auf
50 Jahre nach dem Militärputsch in Brasilien hat Präsidentin Dilma Rousseff die Aufarbeitung von Diktaturverbrechen angemahnt.

Vor einem halben Jahrhundert habe Brasilien aufgehört, ein Land der Freiheit und Demokratie zu sein, sagte Rousseff am Montag (Ortszeit) auf einer Gedenkveranstaltung zum Jahrestag des Putsches in Porto Alegre. "Jeder von uns gibt der Geschichte eine Stimme, indem wir die Demokratie in unseren Land schützen, respektieren und stärken", fügte Rousseff hinzu, die als Studentin von den Militärs knapp drei Jahre inhaftiert und gefoltert worden war.

Während der Militärdiktatur (1964-1985) wurden offiziellen Angaben zufolge in Brasilien 480 Menschen ermordet. 160 werden noch immer vermisst. Mehr als 100.000 Menschen wurden aus politischen Gründen inhaftiert. Die Zahl der Folteropfer schätzen Opferverbände auf mindestens 50.000.

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In vielen großen Städten Brasiliens fanden am Jahrestag des Putsches (31. März) unter dem Slogan "Nunca mais ("Nie wieder") Kundgebungen und Gedenkveranstaltungen statt. In Brasília stellten Demonstranten vor dem Gebäude des Nationalkongresses Dutzende Holzkreuze auf und hielten Fotos der Opfer hoch.

Rousseff machte in ihrer Rede zugleich deutlich, dass sie keine Änderungen des umstrittenen Amnestiegesetzes anstrebe. Das 1979 vom Parlament verabschiedete Gesetz garantiert den Verantwortlichen aus der Zeit der Militärdiktatur Straffreiheit für ihre Folterverbrechen.
Der Oberste Gerichtshof Brasiliens hat bereits eine Revision des Amnestiegesetzes abgelehnt.

Nach einer am Montag veröffentlichten Umfrage der Zeitung "Folha de São Paulo" verlangt aber eine Mehrheit der Brasilianer ein Ende der Straffreiheit für Folterverbrechen. Demnach sprachen sich 46 Prozent der Befragten für die Abschaffung des Gesetzes aus und forderten, dass die Folterer verurteilt werden. 37 Prozent der Befragten plädierten für die Beibehaltung der Amnestieregelung.

Im Vergleich zu Argentinien oder Chile hat Brasilien sehr spät mit der Aufarbeitung der Diktaturverbrechen begonnen. Erst 2012 wurde eine Wahrheitskommission eingesetzt, die aber keinerlei juristische Befugnisse hat. Viele Opfer warten noch immer auf eine wirkliche Rehabilitierung.