Filmkritik der Woche: "The Counselor"

Foto: epd-bild/20th Century Fox
Filmkritik der Woche: "The Counselor"
Schicksal, Schönheit, Brutalität: Es geht ums schnelle Geld, um Drogen, Mord und Totschlag. Das Drehbuch stammt vom Starautor Cormac McCarthy, Regie führte der Oscar-Preisträger Ridley Scott. Brad Pitt, Michael Fassbender, Penélope Cruz und Cameron Diaz spielen die Hauptrollen.
27.11.2013
epd
Anke Sterneborg

Zunächst nur Stimmen aus dem Off, ein Mann und eine Frau, wispernd, schmeichelnd, lasziv. Dann raschelnde Laken, Michael Fassbender und Penélope Cruz. So beginnt "The Counselor", der neue Film von Ridley Scott ("Gladiator", "Prometheus"). Und man denkt, es könnte sich dabei um eine Liebesgeschichte handeln.

Tatsächlich aber werden schon hier, noch unmerklich, die Räder einer mörderischen Maschine in Gang gesetzt. Die nächsten Szenen folgen: Fassbender als smarter Anwalt im eleganten Anzug, der sich durch die luxuriösen Villen seiner reichen Klienten bewegt, in den Grenzgebieten zwischen Mexiko und den USA. Tänzelnd auf einem schmalen Grat der Legalität, nur noch eine Entscheidung davon entfernt, herunterzufallen.

Wie so oft geht es ums schnelle Geld, das nie so leicht zu verdienen ist, wie es den Anschein hat. Es geht um die Gier, die das menschliche Handeln antreibt. Dem Rechtsberater eröffnet sich die Gelegenheit, bei einem Multi-Millionen-Dollar-Drogendeal mitzuverdienen. Die Leute, mit denen man da zu tun habe, wird ihm gesagt, seien eine besondere Spezies: "Sie zögern nicht, dir die Leber rauszuschneiden und damit deinen Hund zu füttern", und das ist noch eine vergleichsweise unspektakuläre Aussage in dem Film. Hinter dem dekadenten Glamour, in dem sich die Drahtzieher des Drogenhandels bewegen, lauert eine düster-fiebrige, schmuddelige Unterwelt.

Um den geschliffenen Dialogen des Schriftstellers Cormac McCarthy ("No Country for Old Men", "The Road") standzuhalten, hat Ridley Scott eine imposante Besetzungsliste erstellt: Cameron Diaz brilliert als teuflisch berechnende, wildkatzenhafte Femme fatale mit extravaganten Accessoires, zu denen auch zwei Leoparden mit diamantbesetzten Halsbändern gehören. Javier Bardem stürzt sich nach "No Country for Old Men" und "Skyfall" erneut mit viel Hingabe in eine schillernd extrovertierte Existenz als Barbesitzer und Drogenhändler, mit schrill gemusterten Hemden und zu Berge stehendem Haar. Brad Pitt spielt als Vermittler einen coolen Fashion-Cowboy.

"Wahrheit hat keine Temperatur"

Bis in kleinste Nebenrollen ist der Film vibrierend besetzt. Da ist etwa auch Bruno Ganz, der als Amsterdamer Diamantenhändler über die Zusammenhänge von Schönheit und Makel philosophiert, wie überhaupt der ganze Thriller über einen schief gelaufenen Drogendeal immer wieder zur Vorlage für lebensphilosophische Diskurse wird, über die Konsequenzen, die jede menschliche Entscheidung unerbittlich nach sich zieht.

Mit all seinen visuellen Qualitäten, den schillernden Figuren, der verführerischen Ästhetik, der Dynamik und den brillanten Dialogen fasziniert "The Counselor". Doch all das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass in diesem Film ein sehr kaltes Herz schlägt. "Wahrheit hat keine Temperatur", sagt Cameron Diaz einmal, als ihr Latin Lover ihr Kälte vorwirft. Ein wenig erinnert der Film an die vielen Werbefilme, die Ridley Scott gedreht hat - Filme, die das Versprechen, das sie oberflächlich geben, nie halten können.

USA, GB 2013. R: Ridley Scott. B: Cormac McCarthy. Mit: Michael Fassbender, Penélope Cruz, Cameron Diaz, Javier Bardem, Bruno Ganz, Brad Pitt. Länge: 117 Minuten. FSK: ab 16 Jahre.