Die Abspeisung der Fünftausend

Illustration: evangelisch.de/Simone Sass
Die Abspeisung der Fünftausend
Kommentar zur aktuellen deutschen Flüchtlingspolitik
5.000 Flüchtlinge aus Syrien will die Bundesrepublik Deutschland in einem Aufnahmeprogramm nun ins Land lassen. Eines der reichsten Länder der Welt speist mit diesem Kontingent Kritiker ab, die großzügige Hilfe für die Kriegsflüchtlinge fordern. Und die Flüchtlinge selbst speist es mit einer Aufenthaltserlaubnis für zwei Jahre ab.

Eines ist sicher: Die befristete Aufnahme von 5.000 Flüchtlingen ist mehr, als viele andere Länder zurzeit zu tun bereit sind. Zusätzlich wird bereits gestellten Asylanträgen von Syrern in der BRD stattgegeben. Trotzdem ist das zu wenig, tatsächlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein: 5.000 entspricht genau der Anzahl Menschen, die im Moment jeden Tag aus Syrien fliehen. Im Land, so schätzen die Vereinten Nationen, sind zur Zeit 4,25 Millionen Syrer auf der Flucht. Weitere zwei Millionen Menschen sind ins Ausland geflohen, vor allem in die benachbarten Staaten.

###mehr-artikel###Würde also jede Nation der Welt, auch Bangladesh und der Vatikanstaat, ebenfalls 5.000 Flüchtlinge aufnehmen, bekämen damit nicht einmal die Hälfte der syrischen Auslandsflüchtlinge eine Bleibe. Vielfach ist bereits die Rede von der "größten humanitären Katastrophe des 21. Jahrhunderts." Die Zeit zum Zuschauen ist nun endgültig abgelaufen!

"Ja", sagen nun einige, "wieso soll denn ausgerechnet Deutschland so viele Flüchtlinge aufnehmen, wo es doch gar nichts mit dem Konflikt zu tun hat?" Gegenfrage: Wieviel mehr – außer der geografischen Nähe - haben denn Ägypten, die Türkei oder der Irak mit dem Bürgerkrieg in Syrien zu tun? Der Irak alleine beispielsweise hat bereits 200.000 Syrern Zuflucht geboten. Der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, António Guterres, hat ausdrücklich "die Humanität der Länder in der Region" gelobt.

Schweden macht vor, was möglich ist

Dass man mehr nicht tun könne im reichen Deutschland, ist vor allem vor dem Hintergrund dieser Zahlen schlichtweg Unfug. Es gibt Schätzungen, dass man hierzulande problemlos 15.000 bis 20.000 Flüchtlinge aufnehmen könnte – und zwar sofort.

###mehr-galerien### Und im Vergleich mit dem zerbombten Irak kann die Bundesrepublik wohl auf einiges mehr an Ressourcen zurückgreifen. Haben wir hier nicht noch viel mehr als fünf Brote und zwei Fische?

Andere in Europa machen es zudem vor: Schweden hat angesichts der Lage nicht nur eine unbeschränkte Aufnahme für syrische Flüchtlinge verkündet, sondern ihnen auch noch ein Aufenthaltsrecht auf unbegrenzte Zeit zugesichert. Das gilt auch für die 8.000 Syrer, die sich bereits in Schweden befinden. Auf die Einwohnerzahl hochgerechnet, müsste Deutschland auf einen Schlag rund 70.000 syrische Flüchtlinge aufnehmen, um es Schweden gleichzutun. Aber hierzulande beschränkt man sich darauf, die Bestimmungen zum Nachzug von Familienmitgliedern zu lockern – das sollte eine Selbstverständlichkeit sein.

Man schaut genau hin, wen man sich ins Land holt

Darüber hinaus schaut man offenbar ganz genau hin, wen man sich da ins Land holt: Nicht gerade besonders "christlich" erscheint es, dass Politiker wie Innenminister Friedrich oder CDU-Präsidiumsmitglied Mißfelder laut über die Bevorzugung von Christen bei der Aufnahme von Flüchtlingen nachdachten.

###mehr-links### Nicht nur, dass sie damit der Assad-Propaganda vom Kampf gegen christenfeindlichen islamistischen Terror aufsaßen (de facto haben bei aller Bedrängnis christlicher Gruppen in Syrien wohl trotzdem die sunnitischen Muslime am meisten unter dem Bürgerkrieg zu leiden). Eine solche Auslese würde auch schlichtweg den Grundsatz der Gleichbehandlung von Hilfsbedürftigen verletzen.

Aber auch jenseits der Religionszugehörigkeit werden die 5.000 Flüchtlinge für das Aufnahmeprogramm der Bundesrepublik nach Kriterien ausgesucht, die das Bundesinnenministerium aufgestellt hat: Natürlich zählen "Schutzbedürftigkeit" und "Familienbindungen" nach Deutschland - aber auch die "Qualifikationen" der Menschen auf der Flucht. Geht es hier womöglich letztendlich auch um ihre "Verwertbarkeit"?

Praktizierte Nächstenliebe sieht anders aus

Wer da durchs Raster fällt, hat dann aber immer noch die Möglichkeit, ganz normal Asyl zu beantragen. Allerdings muss er dies auf deutschem Boden tun und dazu illegal in die "Festung Europa" mit ihren Grenzkontrollen und Stacheldrahtzäunen eindringen. Das gilt übrigens auch für all die Flüchtlinge aus anderen Regionen der Welt, die derzeit nicht so im Fokus der Medienöffentlichkeit stehen. Praktizierte Nächstenliebe sieht anders aus!