Islamistenführer in Bangladesch wegen Kriegsverbrechen verurteilt

Islamistenführer in Bangladesch wegen Kriegsverbrechen verurteilt
In Bangladesch hat ein Sondertribunal am Montag den 91-jährigen Islamistenführer Ghulam Azam wegen Kriegsverbrechen zu 90 Jahren Haft verurteilt. Nach dem Richterspruch kam es zu Protesten und Übergriffen auf Sicherheitskräfte.

Das Gericht sah es laut der Zeitung "Daily Star" (Online-Ausgabe) als erwiesen an, dass Azam während des Unabhängigkeitskriegs von Pakistan 1971 Morde, Folterungen und ethnische Säuberungen geplant und ausgeführt hatte.

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Azam hatte in dieser Zeit die Jamaat-e-Islami-Partei geleitet, die während des Krieges mit eigenen Miliz-Einheiten brutal gegen die Unabhängigkeitsbewegung vorging. Aufgrund des hohen Alters des Angeklagten sah das Gericht davon ab, die Todesstrafe zu verhängen. Die Verteidigung kündigte Berufung gegen das Urteil an.

Der neunmonatige Sezessionskrieg mit Pakistan war von besonderer Grausamkeit geprägt. Schätzungen zufolge kamen bis zu drei Millionen Menschen ums Leben. Öffentliche Exekutionen, Vertreibungen, Massenvergewaltigungen und Zwangskonvertierungen waren an der Tagesordnung. Azam pflegte während des Krieges gute Verbindungen zu Pakistan und bemühte sich um internationale Unterstützung für den Verbleib Bangladeschs als Teil Pakistans. Er kehrte erst sieben Jahre nach Kriegsende in seine Heimat zurück.

Sondergericht zur Aufklärung von Kriegsverbrechen

2010 hatte die Regierung von Premierministerin Sheikh Hasina ein Sondergericht zur Aufklärung von Kriegsverbrechen gebildet. Dieser Schritt stieß bei der Opposition auf heftige Kritik. Die Nationalistische Partei, geführt von Ex-Regierungschefin Khaleda Zia, sieht in dem Tribunal einen Versuch, die Opposition mit Blick vor der Wahl im Januar 2014 zu schwächen. Die Jamaat-e-Islami-Partei ist einer ihrer wichtigen Bündnispartner.

Bangladesch am Golf von Bengalen gehört zu den ärmsten Ländern Asiens. Muslime machen um die 90 Prozent der 150 Millionen Einwohner aus. Der rasante Aufstieg der Textilindustrie löste politische und soziale Spannungen aus. Streiks und Unruhen in den Vororten der Hauptstadt Dhaka, wo Hunderttausende in Kleiderfabriken arbeiten, sind an der Tagesordnung. Armut, Korruption, Umweltprobleme und Unsicherheit bereiten den Boden für ein Erstarken extremistischer religiöser Kräfte.