Das Anti-Islam-Video, die Meinungsfreiheit und Deutschland

Foto: dpa/Waheed Khan
Mit Wut auf Amerika und das Schmäh-Video haben Muslime auf der ganzen Welt reagiert. In Deutschland provoziert die rechtspopulistische Partei "Pro Deutschland".
Das Anti-Islam-Video, die Meinungsfreiheit und Deutschland
Die rechtspopulistische Partei "Pro Deutschland" will das islamfeindliche Video "Die Unschuld der Muslime" im Kino zeigen. Während Politiker über ein Aufführungsverbot streiten, hat die Partei den Film auf ihrer Webseite veröffentlicht.

In Deutschland ist eine Debatte über ein mögliches Aufführungsverbot des islamfeindlichen Videos "Die Unschuld der Muslime" entbrannt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Montag, die Behörden prüften derzeit, ob das Zeigen des Schmähvideos eine erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit darstellen könne. Dabei gehe es ausdrücklich um eine öffentliche Vorführung des Films, nicht um ein generelles Verbot. Politiker von SPD und Grünen sprachen sich dagegen aus, eine Aufführung zu untersagen. 

###mehr-artikel###Der in den USA produzierte Film war in den vergangenen Tagen weltweit im Internet verbreitet worden und hatte gewalttätige Proteste in mehreren islamischen Ländern ausgelöst. Dabei kamen mehrere Menschen ums Leben. "Pro Deutschland" hatte angekündigt, das Video im November in einem Berliner Kino aufzuführen. Zudem hat die rechtspopulistische Partei das Video am Montag auf seiner Webseite veröffentlicht.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) betonte, "der Film reiht sich ein in eine ganze Serie von Geschmacklosigkeiten und Missachtungen von religiösen Gefühlen". Er forderte in der "Bild"-Zeitung (Montagsausgabe) "mehr Respekt für die religiösen Gefühle von Menschen, seien es Christen, Juden oder Muslime". Gefragt sei zudem "die Klugheit aller, sich nicht provozieren zu lassen".

Öffentliche Aufführung schade dem Ansehen Deutschlands

Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach warf "Pro Deutschland" geistige Brandstiftung vor. "Wer diesen Film öffentlich aufführt, der schadet dem Ansehen des Landes," sagte Bosbach dem Bayerischen Rundfunk. Er forderte, eine Ausstrahlung des Videos zu verbieten. "Wir haben es hier nicht mit einer Rechtslücke zu tun, denn sowohl die Meinungsfreiheit als auch die Kunstfreiheit gelten nicht als schrankenlos."

###mehr-info### Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz sagte dagegen der "tageszeitung", Verbote könnten nur das letzte Mittel sein: "Eine bloße außenpolitische Rücksichtsnahme reicht nicht aus, die Grundrechte zu beeinträchtigen." Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck, sagte der Zeitung: "Nach dem, was ich gesehen habe, ist der Film eine geschmacklose Dämlichkeit, aber ohne strafbaren Inhalt."

Auch die Gewerkschaft der Polizei äußerte sich zurückhaltend gegenüber einem möglichen Verbot. "Die einzige Möglichkeit, die ich sehe, ist möglicherweise ein Verfahren nach § 166 Strafgesetzbuch einzuleiten, nämlich Störung des öffentlichen Friedens." In Deutschland gebe es sehr hohes Recht auf freie Meinungsäußerung.

Auch der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland, Friedrich Weber, sprach sich gegen ein Verbot des im Videos aus. "Es ist sicherlich eine Verunglimpfung einer Religionsgemeinschaft", sagte der braunschweigische evangelische Landesbischof. Die künstlerische Freiheit dürfe jedoch nicht beeinträchtigt werden, selbst wenn es sich um eine unangemessene Art der Darstellung handele. Den Dialog zwischen den Religionen in Deutschland sieht der Bischof durch das Video nicht beschädigt. 

Merkel sagte, sie könne sich vorstellen, dass es "gute Gründe" gegen ein Zeigen des Films gebe, aber letztlich müssten die Institutionen dies prüfen. Meinungsfreiheit sei in Deutschland ein hohes Gut, kenne aber auch Schranken, unterstrich Merkel. Daher werde die Bundesregierung auch die Einreise des umstrittenen US-Predigers Terry Jones nicht erlauben. Das Bundesinnenministerium hatte zuvor ein Einreiseverbot gegen verhängt. Die rechte Gruppierung "Pro Deutschland" hatte angekündigt, Jones nach Deutschland einzuladen.