Filmkritik der Woche: "Fliegende Liebende"

Foto: epd-bild/Tobis/Paola Ardizzoni
Filmkritik der Woche: "Fliegende Liebende"
Ironie ohne tiefere Bedeutung: Pedro Almodóvar überrascht mit seiner seichten Episodenkomödie "Fliegende Liebende".
03.07.2013
epd
Manfred Riepe

Seit fast vierzig Jahren macht Pedro Almodóvar Kino. Vom einstigen Enfant terrible wandelte er sich zum Cineasten-Geheimtipp und etablierte sich mit Oscar-Erfolgen für "Alles über meine Mutter" und "Sprich mit ihr" als einer der erfolgreichsten europäischen Autorenfilmer. Dabei gelang dem einstigen Untergrundregisseur das Kunststück, sich treu zu bleiben und dennoch immer wieder neu zu erfinden. Doch die Weiterentwicklung seines Spektrums - von der Brechung sexueller Tabus bis hin zu kunstvoll verschachtelten Erzählungen - funktioniert nicht ohne Irritationen.

Die quietschbunte Komödie "Fliegende Liebende", mit der Almodóvar sich nun auf den Rückflug in die 80er Jahre begibt, erweist sich erneut als Herausforderung, denn nach Publikumserfolgen wie "Volver" kommt der Spanier nun deutlich seichter daher. Das Flugzeug, in dem fast die gesamte Handlung spielt, hat ein defektes Fahrwerk und kreist auf der Suche nach einer Notlandebahn über der Mancha - Almodóvars Heimat. Passagiere der Touristenklasse werden vorsorglich narkotisiert, und um die Reisenden der Business Class zu zerstreuen, führen die Flugbegleiter ein Tuntenballett auf, angereichert mit liebevoll gemixten Drogencocktails.

Von den ersten Szenen an gibt der Film zu verstehen: Ich bin schwul, und das ist gut so. Nun hat Almodóvar Homosexualität schon oft thematisiert, doch "Fliegende Liebende" ist das erste Werk, in dem der Spanier auf seinen üblichen Handlungsfaden verzichtet.

Stattdessen erzählt er Episoden von einem "dreckigen Dutzend" typischer Almodóvar-Charaktere: Dazu zählen etwa eine Jungfrau, die den Tod riechen kann, ein betrügerischer Geschäftsmann, ein feiger Liebhaber, ein Killer und zwei bisexuelle Piloten. Angesichts der drohenden Bruchlandung wollen sie wichtige Dinge mit ihren Angehörigen am Boden regeln. Leider steht dafür nur ein einziges Bordtelefon zur Verfügung - bei wegen eines technischen Defekts alle Passagiere mithören. Dabei entstehen herrlich schrille Situationen.

Kammerspiel über rosa Wolken

Visualität und Ausstattung - insbesondere der Innenraum des Flugzeugs - sind wie üblich ein Augenschmaus. Doch die fehlende Dramaturgie kommt einem irgendwann spanisch vor. Das gut gelaunte Dahinplätschern der Handlung ist gewöhnungsbedürftig.

Wer etwa die Tragik von Almodóvars "Live Flesh - Mit Haut und Haar" schätzt, wird sich fragen, was dieses Kammerspiel über rosa Wolken soll? Es gibt Scherz, Satire, Ironie - aber keine tiefere Bedeutung. Almodóvar light? Vielleicht.

Spanien 2013. Regie und Buch: Pedro Almodóvar. Mit: Antonio Banderas, Penélope Cruz, Coté Soler, Antonio de la Torre, Hugo Silva, Miguel Ángel Silvestre, Laya Martí, Javier Cámara. Länge: 90 Min. FSK: 16, ff.