UN: Zahl der Todesopfer in Syrien steigt auf über 93.000

UN: Zahl der Todesopfer in Syrien steigt auf über 93.000
Ganze Dörfer und Stadtviertel liegen in Trümmern, immer mehr Menschen sterben: Die Zivilbevölkerung trägt die Hauptlast des Syrien-Konflikts. UN-Experten beklagen, dass Kinder zum Kämpfen gezwungen, gefoltert und getötet werden.

Die Zahl der Todesopfer im Syrien-Konflikt ist nach Schätzungen der Vereinten Nationen auf mehr als 93.000 Menschen gestiegen. "Dies ist das Minimum - die wahre Zahl der Toten liegt vermutlich noch weitaus höher", sagte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, am Donnerstag in Genf. Diese Zahlen belegten die sich rapide verschlechternde Lage in Syrien.

Einer UN-Studie zufolge wurden seit Juli 2012 monatlich mehr als 5.000 Todesfälle dokumentiert. "Zivilisten tragen die Hauptlast der weit verbreiteten, gewaltsamen und oft willkürlichen Angriffe, die in Städten ganze Viertel sowie einzelne Dörfer zerstören", sagte Pillay. So seien unter den Toten weit mehr als 6.500 minderjährige Jungen und Mädchen. Pillay forderte alle Konfliktparteien auf, die Kämpfe umgehend zu beenden. Staaten, die Einfluss auf die Konfliktparteien hätten, müssten diesen für einen sofortigen Waffenstillstand geltend machen.

In einem kurz zuvor in New York vorgestellten UN-Bericht wird Rebellen und der syrischen Armee vorgeworfen, Kindersoldaten einzusetzen. Kinder würden zudem von der Armee gefoltert, wenn sie unter dem Verdacht stünden, die Rebellen zu unterstützen. "Es gibt mehrere Berichte darüber, wie Regierungstruppen sexuelle Gewalt gegen Jungen eingesetzt haben, um Informationen über die Rebellen zu erlangen oder Geständnisse zu erpressen", heißt es in dem Report der UN-Sonderbeauftragten für Kinder und bewaffnete Konflikte, Leila Zerrougui.

"Wir haben die nackte Not gesehen"

Die UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos bat Deutschland um mehr Unterstützung in der Syrien-Krise. Notwendig sei nicht nur humanitäre Hilfe für Flüchtlinge, sondern auch wirtschaftlicher Beistand für Jordanien, die Türkei und den Libanon, sagte Amos im Deutschlandfunk. Die Nachbarländer hätten die meisten der 1,6 Millionen Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen und seien unter Druck. Die Lage der Syrer verschärfe sich weiter. "Wir haben die nackte Not gesehen in den Augen der Vertriebenen und der Flüchtenden", sagte Amos.

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Je länger sich der Konflikt hinziehe, desto mehr leide die Zivilbevölkerung. Die Wirtschaft kollabiere. "Wir sehen darüber hinaus den Zusammenbruch der Währung, einen Mangel an Treibstoff, an Strom, an Wasser." Ein Drittel der rund 20 Millionen Syrer sei auf Hilfe angewiesen. Amos drängte auf eine politische Lösung des Konflikts: "Wir brauchen einen Waffenstillstand."

Die Diakonie Katastrophenhilfe warnte vor einer Destabilisierung des Nahen Ostens durch syrische Flüchtlingsströme. Mehr als zwei Jahre nach Beginn des Bürgerkrieges in Syrien sehe es nicht danach aus, dass die 1,6 Millionen Flüchtlinge wieder in ihre Heimat zurückkehren können, sagte der Leiter des evangelischen Hilfswerks, Martin Keßler, in Berlin.

Der Konflikt in Syrien nahm seinen Anfang im März 2011, als Präsident Baschar al-Assad einen Volksaufstand mit brutaler Härte niederschlug. In den darauffolgenden Monaten entwickelten sich die Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Opposition zu einem Bürgerkrieg, in dem auch die libanesische Hisbollah-Miliz auf Regierungsseite mitkämpft.