Griechen helfen Griechen in Berlin

Foto: dpa/Maurizio Gambarini
Eine Frau bittet in Athen um ein Almosen. Durch die drastischen Sparmaߟnahmen geraten immer mehr Griechen in Armut. Die jungen Griechen suchen ihr Glück im Ausland.
Griechen helfen Griechen in Berlin
Seit der Wirtschaftskrise im Mutterland der Demokratie gilt Deutschland als beliebtes Reiseziel bei Griechen. Nicht etwa, weil sie hier Urlaub machen wollen. Die Not treibt sie hierher.

Vor allem junge Leute sehen in ihrer Heimat kaum noch eine Perspektive und suchen hier zumindest kurz- und mittelfristig eine Arbeit, bis sich die Situation zu Hause wieder normalisiert hat, wenn sie sich denn je wieder normalisieren wird. Besonders beliebt bei den jungen Griechen scheint Berlin zu sein. Eine der ersten Anlaufstellen ist hier die griechisch-orthodoxe Gemeinde.

Nach dem gut dreistündigen Gottesdienst am Sonntagmorgen geht die griechisch-orthodoxe Gemeinde in Berlin-Steglitz noch längst nicht auseinander. Bei Tee, Kaffee und Gebäck ist noch viel Zeit zum Reden. Seit gut drei Jahren, mit Beginn der Wirtschaftskrise in ihrer Heimat, kommen auch vermehrt junge Griechen hierher.

Ein realistisches Bild über die Situation vermitteln

Pascalis, gelernter Agrotechniker, ist erst seit ein paar Tagen in Berlin. Deutsch kann er nicht, ein Gemeindemitglied übersetzt. "In meinem Job gibt es viele Leute und jetzt brauchen sie in Griechenland keine mehr. Ich versuche mich hier über Wasser zu halten, es kann auch etwas anderes sein, Hauptsache erst mal einen festen Job. Ich bin 26 Jahre alt, ich bin kein fauler Jung. Aber es ist schwer etwas zu finden, auch junge Italiener oder Spanier kommen hierher."

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Die griechisch-orthodoxe Gemeinde in Berlin mit ihren rund 10.000 Mitgliedern ist eine der ersten Anlaufstellen in der Stadt. Yorgos Staikos, 41 Jahre alt, ist Künstler aus Thessaloniki und sucht nach dem Gottesdienst ebenfalls Kontakt und Beratung. "Berlin ist im Moment für alles in Europa das Zentrum. Hier ist es am Besten, hier habe ich Freunde, die mir hoffentlich helfen können. Hier ist es auf jeden Fall besser als in Griechenland, ich habe in Griechenland keine Zukunft", sagt er auf Englisch.

Bis zu 150 griechische Wirtschafts-Flüchtlinge kommen derzeit monatlich allein nach Berlin, schätzt der gelernte und heute pensionierte Sozialarbeiter Georgios Bakalios, der in der Gemeinde die Neuankömmlinge mitbetreut. Dabei können die Griechen als EU-Bürger, anders als etwa Flüchtlinge aus Nicht-EU-Staaten, bestimmte soziale Ansprüche für sich geltend machen.

Einfach nur arbeiten

"Unsere Empfehlung lautet dann, das Job-Center aufzusuchen und einen Antrag auf Leistungen zum Lebensunterhalt zu beantragen. Dazu gehört auch meist die Empfehlung des Jobcenters, dass der Betroffene Deutsch lernt", sagt der Sozialarbeiter. Bakalios ist auch Vorsitzender des griechisch-deutschen Fördervereins in Steglitz. Wichtig sei es, den Neuankömmlingen ein realistisches Bild über die Situation in Berlin und Deutschland zu geben.

Pfarrer Emmanuel Sfiatkos

"Viele haben die Vorstellung, dass sie in Deutschland schnell zu einem Job kommen. Die meisten, die zu uns kommen, sind Studenten oder sie haben schon einen Beruf. Aber sie sind meist nicht informiert, wie die deutsche Gesellschaft funktioniert. Das alles sind unbekannte Faktoren für die Leute. Deswegen sind viele desorientiert, frustriert und manche tendieren zu Depressionen", weiß Bakalios.

Insofern sind nicht wenige Neuankömmlinge auch ein Fall für den griechisch-orthodoxen Pfarrer Emmanuel Sfiatkos. Er versucht zu helfen, wo er nur kann. Es geht um eine erste Unterkunft, ein wenig Geld, Behördengänge, die Vermittlung eines Jobs. Vor allem hofft Sfiatkos auf das Verständnis der deutschen Behörden und der Bevölkerung. Seine Landsleute wollten einfach nur arbeiten und es sich nicht auf anderer Leute Kosten gut gehen lassen.

"Es schmerzt mich, dass den Menschen viel Unverständnis entgegengebracht wird. Es gibt schon Tendenzen der Diskriminierung, der Schikane. Auch in Griechenland sind Fehler gemacht worden. Bloß ein ganzes Volk deswegen zu verurteilen, sie Räuber zu nennen, sie über einen Kamm zu scheren und ihnen nicht die Möglichkeit zu geben, ein bisschen Luft zu atmen, Ruhe zu kriegen, um sich wieder aufzurichten, das finde ich schlimm", sorgt sich der griechisch-orthodoxe Pfarrer.

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Aber die Hilfe und Solidarität in der Stadt überwiege bei weitem, sagt Emmanuel Sfiatkos. Besonders innerhalb der christlichen Ökumene. Gerade in den befreundeten evangelischen und katholischen Gemeinden wisse man, dass es jetzt um eine Überbrückung der Krise gehe, bis es für die jungen Leute wieder eine Perspektive in ihrer Heimat gebe: "Natürlich wird es rein finanziell nicht möglich sein, Leuten über Jahre Unterstützung zukommen zu lassen. Auf der anderen Seite haben wir eine ehrenvolle Aufgabe, eine heilige Verpflichtung, diesen Menschen zu helfen, zumindest ihnen das Gefühl zu geben, dass sie hier willkommen sind."