Kirchentag sucht Balance zwischen Spiritualität und Politik

Foto: epd-bild/Patrick Piel
Auch der Hamburger Hafen steht ganz im Zeichen des Kirchentags.
Kirchentag sucht Balance zwischen Spiritualität und Politik
Bis Sonntag feiern mehr als 100.000 Menschen in Hamburg den evangelischen Kirchentag. Von dem Christenteffen erhoffen sich die Veranstalter Impulse in aktuellen politischen Debatten.

###mehr-info###Beten, diskutieren und Gemeinschaft feiern: Bis Sonntag findet in Hamburg der 34. Deutsche Evangelische Kirchentag statt. Schon vor der Eröffnung am Mittwochabend sendeten die Organisatoren des Christentreffens politische Botschaften. "Steuerflucht muss aufhören", sagt Kirchentagspräsident Gerhard Robbers.

Robbers wandte sich gegen die Einschätzung, der evangelische Kirchentag sei im Vergleich zu früheren Jahren unpolitisch geworden: "Politischer als beim Kirchentag können Diskussionen kaum sein", sagte der Trierer Verfassungsrechtler, der dem Protestantentreffen in diesem Jahr als Präsident vorsteht. Doch wünsche er sich als Ziel der Debatten die Suche nach Konsens. Die Gesellschaft brauche neue Konsense, im Zusammenleben der Religionen und Kulturen, in der Wirtschaft und in der Entwicklung Europas. "Und Konsens findet man nicht, wenn man sich gegenseitig anschreit", sagte Robbers.

"Kirchentag ist Tankstelle des Glaubens"

Kirchentags-Generalsekretärin Ellen Ueberschär sagte, der Kirchentag wolle Balance halten, weder in eine Politikveranstaltung abdriften, noch ausschließlich auf Spiritualität setzen: "Kirchentag ist Tankstelle des Glaubens und Sprungbrett für politisches Engagement."

Kirchentagspräsident Robbers prangerte unter anderem die weltweite Armut an: "Es ist unerträglich, wenn durch Spekulation mit Lebensmitteln die Ärmsten hungern müssen", sagte er. Die gastgebende evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs wies auf die soziale Spaltung in der Hansestadt hin. Obwohl Hamburg eine reiche Stadt sei, müssten viele Familien ihre Kinder mit einem Hartz-IV-Budget großziehen. Sie wünsche sich, dass auf dem Kirchentag konkrete Ideen gegen Armut formuliert werden.

Der Kirchentag sollte am Abend mit vier Freiluftgottesdiensten eröffnet werden. Bis Sonntag werden mehr als 116.000 Dauerteilnehmer zu dem alle zwei Jahre stattfindenden Christentreffen erwartet. Mehr als 2.500 Veranstaltungen von Bibelarbeiten und Gottesdiensten über Podiumsdiskussionen bis hin zu Popkonzerten und Theateraufführungen sind geplant. Prominente Gäste aus der Politik sind unter anderen Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

"Soviel du brauchst"

Drei Themenschwerpunkte sind vorgesehen: verantwortungsvolles Wirtschaften, Inklusion und interreligiöser Dialog. Leitwort des Kirchentages ist das biblische Motto "Soviel du brauchst". "Wir müssen denen beistehen, die nicht haben, was sie brauchen", sagte Kirchentagspräsident Robbers. Dabei müsse nicht nur die Armut an materiellen Gütern, sondern auch die Armut an Gemeinschaft, an Hoffnung und an religiöser Erfüllung überwunden werden.

###mehr-artikel###Vor Beginn des Kirchentages am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, suchten die Veranstalter den Schulterschluss mit den Gewerkschaften. Bischöfin Fehrs sprach sich am Nachmittag bei einer Podiumsdiskussion für Mindestlöhne und ein Ende des Lohndumpings aus. Mit Blick auf die Losung "Soviel du brauchst" sagte sie, diese lasse sich "ganz konkret beziehen auf wirklich auskömmliche Einkommen, mit denen Männer und Frauen ihre Existenz sichern und eine Familie versorgen können". Die Gesellschaft brauche dringend eine Schranke gegen Lohndumping, Tarifflucht und Niedriglohnkonkurrenz.