Von Sintfluten, Tauchbädern und Wasserschlachten

Junges Paar in einem Teich in Indien
Foto: epd-bild/Rainer Hörig
Ein junges Paar nimmt ein rituelles Bad in einem heiligen Teich in Indien.
Von Sintfluten, Tauchbädern und Wasserschlachten
Die Bedeutung des Wassers in verschiedenen Weltreligionen
Wasser spielt in allen Weltreligionen eine wichtige Rolle: als Symbol für Lebenskraft, für Reinheit, aber auch für Chaos und Zerstörung. In unserem Schwerpunkt "Wasser" geben wir einen Überblick über die Bedeutung von Wasser und über die Riten und Feste in verschiedenen Religionen.

"Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser", heißt es ganz am Anfang der Bibel im 1. Buch Mose. Das war, bevor es eine Ordnung in der Welt gab: "Wasser" ist hier eine etwas beschönigende Übersetzung für "Urflut", ein chaosartiges Urmeer, das im biblischen Schöpfungsmythos für die Abwesenheit einer kosmischen Ordnung steht. Dieses Motiv gibt es auch in anderen Weltentstehungs-Mythen, zum Beispiel im babylonischen "Enuma-Elisch"-Epos: Danach ging die Erde aus einem Kampf zwischen der kosmischen Ordnung und dem Chaos, dem Meer in Person der Göttin "Tiamat", hervor.

Die zerstörerische Kraft des Wassers wird in der Bibel noch einmal anhand der Sintflut-Geschichte (1. Mose 6-8) deutlich, die wohl vom babylonischen Gilgamesch-Epos beeinflusst wurde – auch darin wird von einer Flut berichtet, die alles Leben vernichtet. Am Ende des biblischen Sintflutberichtes schließt Gott einen Bund mit Noah und verspricht, dass eine so große Katastrophe nie mehr passieren wird.

"Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke!"

In vielen Religionen und Mythologien ist Wasser ein Symbol für Lebendigkeit und Fruchtbarkeit. Besonders der Islam, der in trockenen Regionen Arabiens entstanden ist, hebt diese Bedeutung hervor: Allah schenkt den Menschen, Tieren und Pflanzen Wasser, und der Koran beschreibt das Paradies als prächtigen Garten, durch den kühles Wasser fließt. Muslime trinken auf ihrer Pilgerreise das Wasser der heiligen Zamzam-Quelle in Mekka.

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Auch in der jüdischen Überlieferung wird von wunderhaften Quellen berichtet: Während der Wanderung des Volkes Israel durch die Wüste schlug Mose mit seinem Stock gegen einen Felsen, und Wasser floss heraus (4. Mose 20,11). An die Wüstenwanderung erinnern sich Juden jedes Jahr im Herbst mit dem Erntefest Sukkot ("Laubhütten") (3. Mose 23, 39.42-43). Während des Festes halten sie sich in selbst gebauten Hütten aus Ästen auf, um an den Auszug aus Ägypten zu erinnern.

Zum Sukkot-Fest gehört eine Wasserschöpfzeremonie, auf die Jesus im Johannesevangelium (Kapitel 7, 37-39) bezieht: "Aber am letzten Tag des Festes, der der höchste war, trat Jesus auf und rief: Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen." Jesus verwendet hier das Wasser als Gleichnis für den Heiligen Geist, der Kraft spendet. Eine ähnliche Aussage findet sich in der Geschichte von der Frau am Jakobsbrunnen, ebenfalls im Johannesevangelium.

Baden für die Unsterblichkeit

Die Bibel berichtet mehrfach von Heilungswundern im Wasser. So wird im Alten Testament der von Aussatz befallene Naaman gesund, nach dem er sieben Mal im Jordan untergetaucht ist, und im Neuen Testament wird ein blinder Mann wieder sehend, nachdem Jesus ihn zum Waschen an den Teich Siloah geschickt hat. Der Glaube an die Wunderkraft des Wassers kommt in der katholischen Tradition der Wallfahrten zur Quelle von Lourdes in Südwestfrankreich und im Gebrauch von Weihwasser in der katholischen und orthodoxen Kirche zum Ausdruck.

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Fast alle Religionen kennen Riten, die sich auf die reinigende Kraft des Wassers beziehen. "Reinheit" wird dabei nicht im Sinne von physischer Sauberkeit verstanden, sondern als Befreiung von Sünden und damit Zugang zur Unsterblichkeit. Besonders ausgeprägt ist dieser Glaube im Hinduismus: Durch rituelle Bäder in heiligen Flüssen oder Seen waschen gläubige Hindus ihre Fehler von sich ab und erhoffen sich positive Auswirkungen auf die nächste Wiedergeburt. Zur Kumbh Mela, dem "Fest des Kruges", reisen Millionen von Indern an den Ganges und nehmen ein Bad in dem heiligen Fluss. Streut man die Asche eines Verstorbenen in den Ganges, führt die Reise durch den Fluss zur Erlösung und zum ewigen Leben, so der hinduistische Glaube.

Ein rituelles Bad gibt es auch im Judentum: Wer in der so genannten Mikwe (von hebräisch "zusammenfließen", also "Ansammlung von Wasser") untertaucht, wird kultisch "rein". Bestimmungen über Reinheit und Unreinheit finden sich im 3. und 4. Buch Mose; von "Reinigungswasser" ist explizit in 4. Mose 19 die Rede. Ein rituelles Tauchbad in der Mikwe nehmen zum Beispiel Frauen nach der Monatsblutung und nach einer Entbindung, aber auch Menschen, die zum Judentum übertreten wollen. Vor dem rituellen Bad muss der Körper gründlich gereinigt werden.

Die Taufe ist mehr als ein Reinigungsritual

Im Islam hat die rituelle Waschung vor dem Gebet ebenfalls nichts mit körperlicher Sauberkeit zu tun. Auch wer gerade geduscht hat, muss vor dem Gebet in einer bestimmten Reihenfolge Körperteile reinigen: Erst werden Hände und Handgelenke gewaschen, dann Mund, Nase, Gesicht, Arme, Kopf, Ohren und Füße.

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Im Christentum entspricht die Taufe dem Reinigungs-Ritual, ihre Bedeutung geht aber darüber hinaus: Während die Gläubigen anderer Religionen rituelle Waschungen und Bäder regelmäßig wiederholen müssen, ist im Christentum mit der Taufe ein für alle Mal die "Reinigung" erledigt, der Mensch ist mit Gott versöhnt, auch wenn er weiterhin Fehler macht.

Die Taufe wird als symbolischer Akt des Sterbens und Auferstehens verstanden; der Apostel Paulus formuliert das im Römerbrief so: "Wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln." Durch die Taufe haben Christen also Anteil am ewigen Leben.

Tauchgang im See - egal wie kalt

Die orthodoxen Kirchen ordnen den 6. Januar, den Tag der Erscheinung des Herrn oder Dreikönigstag der Taufe Jesu zu. Es ist einer der wichtigsten orthodoxen Feiertage im Kirchenjahr, an dem die Große Wasserweihe gefeiert wird. In der russisch-orthodoxen Kirche taucht der Priester während der Liturgie ein Kreuz ins Wasser. In Griechenland wandern die Gläubigen nach der Liturgie zum Gewässer des Ortes - zum Meer, einem Fluss oder See. Der Priester wirft ein goldenes Kreuz ins Wasser, dem dann junge Männer nachtauchen.

In der äthiopisch-orthodoxen Kirche heißt das Tauffest "Timkat" und wird am 19. Januar gefeiert. Dabei besprengt der Priester die Gläubigen mit Heiligem Wasser - und manchmal endet die Zeremonie in einer fröhlichen Wasserschlacht vor der Kirche.