"Brot für die Welt" dringt auf Agrarreformen in Nordafrika

"Brot für die Welt" dringt auf Agrarreformen in Nordafrika
Rund zwei Jahre nach Beginn der arabischen Revolution ist die Gefahr von Hungerprotesten noch immer nicht gebannt. Der nötige Umschwung in der Agrarpolitik, der das soziale Sprengstoffpotenzial entschärfen könne, sei noch nicht geschafft, erklärte Bernhard Walter, Landwirtschafts- und Ernährungsexperte von "Brot für die Welt", in einem epd-Gespräch vom Weltsozialforum in Tunis aus.

In Tunesien, wo die Umwälzungen in der arabischen Welt vor zwei Jahren ihren Ausgang nahmen, bemühten sich die Teilnehmer des Forums daher auch nachdrücklich um eine Stärkung der einheimischen Landwirtschaft. Nur so könne die Spirale aus massiver Abhängigkeit von teuren Lebensmittelimporten und hohen Preisen durchbrochen werden.

"Der Brotpreis kann durchaus mitbestimmen, dass es zu Unruhen kommt", sagte Walter: "Damit die Menschen sich ihre Lebensmittel leisten können, heißt das: Die Länder müssen langfristig versuchen, aus dieser Abhängigkeit herauszukommen." In den vergangenen zwei Jahren habe sich aber noch nichts Entscheidendes getan. "Die landwirtschaftlichen Produktionsverhältnisse kann man nicht von heute auf morgen umstellen, aber eine Agrarreform ist unbedingt nötig", betonte Walter: "Unser Ziel ist es, die nordafrikanischen Kleinbauern zu stärken und eine nachhaltige Landwirtschaft zu ermöglichen." Derzeit drohe allerdings eine gegensätzliche Entwicklung: die Begünstigung großer Unternehmen.

Weltsozialforum noch bis Samstag

"In Tunis wollen wir daher auch die bäuerliche Zivilgesellschaft fördern", erklärte Walter. Auf dem Weltsozialforum, das am Samstag zu Ende geht, versuchten internationale Netzwerke aus dem Agrarbereich Zugang zu den Maghreb-Staaten zu bekommen. "Die Beobachtungen und Anregungen von außen werden die sozialen und politischen Bewegungen stärken", zeigt sich Walter über die Wirkungen auf die Demokratisierung in den arabischen Staaten überzeugt. "Und damit können diese auch den fundamentalistischen Bewegungen, die international Besorgnis auslösen, etwas entgegensetzen."

Das Weltsozialforum wurde 2001 in der brasilianischen Stadt Porto Alegre als Gegengipfel zum Weltwirtschaftsforum im Schweizer Kurort Davos gegründet. Es versteht sich als offene Bewegung und bekennt sich in einer Charta zu Toleranz, Gewaltfreiheit, Demokratie, Menschenrechten und Pluralismus.