Rechtsextremismus: Innenminister Friedrich setzt auf Bewusstseinswandel

Rechtsextremismus: Innenminister Friedrich setzt auf Bewusstseinswandel
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hofft bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus auf einen Bewusstseinswandel in der Gesellschaft. "Eine stärkere Sensibilisierung ist möglich", sagte Friedrich dem in Berlin erscheinenden "Tagesspiegel am Sonntag" (Ausgabe vom 24. März).

So wie es in den vergangenen Jahrzehnten gelungen sei, ein neues Umweltbewusstsein zu schaffen, könne dies auch "beim Bewusstsein gegen Extremismus" gelingen. "Viele junge Menschen verlieren in einer Phase ihres Lebens die Orientierung und driften ab in Extremismus und Gewalt." Dem müssten Staat, Politik und Gesellschaft bereits in Kindergärten und Schulen stärker entgegenwirken, erklärte der CSU-Politiker. Die Bundeszentrale für politische Bildung werde deshalb noch stärker als bisher das Thema Rechtsextremismus bearbeiten. Außerdem sollten Programme der Bundesministerien und der Länder besser koordiniert werden.

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Friedrich zufolge ist die Zahl rechter Straftaten im vergangenen Jahr weiter angestiegen. Ersten vorläufigen Zahlen zufolge zeichne sich bei den politisch rechts motivierten Straftaten gegenüber 2011 ein Anstieg um etwa vier Prozent auf rund 17.600 ab, sagte der Bundesinnenminister. Bei den von Neonazis und anderen rechten Tätern verübten Gewaltdelikten zeichne sich ein Zuwachs von rund zwei Prozent ab. Eine genaue Zahl nannte Friedrich aber nicht. In den Statistiken der Sicherheitsbehörden für das Jahr 2011 werden laut Zeitung 828 Fälle in dieser Kategorie aufgeführt. Friedrich warnte davor, das Gewaltpotenzial von Neonazis kleinzureden: "Mich beunruhigt, dass die Hemmschwelle, Gewalt auszuüben, insgesamt dramatisch sinkt."

Verweis auf einen Dreifachmord im Jahr 2003

Zugleich kündigte der Bundesinnenminister an, die Zahl der Todesopfer durch rechtsextreme Gewalt mit seinen Ressortkollegen in den Ländern neu zu besprechen. Mit Verweis auf einen Dreifachmord eines Neonazis aus dem Jahr 2003 in Overath bei Köln sagte Friedrich der Zeitung, anhand solcher Fälle müsse "die Erfassung rechtsextremer Gewalttaten noch mal in der Innenministerkonferenz thematisiert werden". Der Fall wird von der Polizei in Nordrhein-Westfalen bislang nicht als rechts motiviertes Tötungsverbrechen eingestuft, schreibt die Zeitung.

Der Ex-Söldner Thomas A. hatte einen Anwalt, dessen Frau und die Tochter erschossen und war 2004 vom Landgericht Köln zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Gericht bescheinigte dem Täter damals, dass seine nationalsozialistischen Vorstellungen ihn bei der Tat beeinflusst hatten.

Die Bundesregierung zählt den Angaben zufolge derzeit 63 Todesopfer durch rechts motivierte Gewalt. Nach Recherchen von "Tagesspiegel" und der Wochenzeitung "Die Zeit" sind seit der Wiedervereinigung aber mindestens 152 Menschen durch Neonazis oder andere rechts motivierte Straftäter getötet worden.

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