Bundeskabinett beschließt Verzicht auf NPD-Verbotsantrag

Bundeskabinett beschließt Verzicht auf NPD-Verbotsantrag
Wie erwartet will die Regierung beim Verfassungsgericht keinen eigenen Antrag zum Verbot der rechtsextremen NPD stellen. Die SPD vermisst entschlossenes Handeln und macht "feige Freunde der Demokratie" im Kabinett für die Entscheidung verantwortlich.

Die Bundesregierung stellt keinen eigenen NPD-Verbotsantrag. Einen entsprechenden Beschluss fasste das Kabinett am Mittwoch in Berlin. "Wir halten ein eigenes Verfahren für nicht erforderlich", sagte Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Während die Grünen Verständnis für die Entscheidung aufbringen, üben SPD und Linke scharfe Kritik. Der Zentralrat der Juden und der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma bezeichneten den Kabinettsbeschluss als "Verharmlosung der NPD"."Rechtsextremismus, wie er vonseiten der NPD vertreten wird, hat in unserer Gesellschaft keinen Platz", sagte Bundesinnenminister Friedrich. Der Antrag der Länder beim Bundesverfassungsgericht werde mit Respekt zur Kenntnis genommen. Alle sich daraus ergebenden Aktivitäten würden unterstützt.  Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte zu der Entscheidung: "Wir haben immer im Blick gehabt, dass schon einmal ein Antrag beim Bundesverfassungsgericht keinen Erfolg hatte." Die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus dürfe nicht auf ein NPD-Verbotsverfahren verengt werden.

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Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) sieht keinen weiteren Bedarf für einen Verbotsantrag. Es sei ein Zeichen von Souveränität einer stabilen Demokratie, schwer erträgliche Konkurrenz nicht durch Verbote beseitigen zu wollen, sagte Lammert den "Kieler Nachrichten" (Donnerstagsausgabe).

Die SPD bezeichnete die "Zauderer in der Bundesregierung als "feige Freunde der Demokratie". "Wo es entschlossenes Handeln aller Demokraten bedarf, lässt die Bundesregierung die Länder allein", sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann. Die SPD plant, nach der Osterpause einen eigenen Antrag für ein Verbotsverfahren im Bundestag zu stellen. Die Linken-Politikern Ulla Jelpke forderte, die Fraktionsdisziplin aufzuheben und die Abstimmung im Bundestag freizugeben. Die Grünen warnten dagegen vor einem übereilten Verbotsverfahren. Die Entscheidung verdiene Respekt, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck. Die Debatte dürfe nicht parteipolitisch aufgeladen werden.

Appell, die NPD nicht zu verharmlosen

Besorgt zeigten sich Vertreter des Zentralrats der Juden und des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma. Der Beschluss sei ein fatales Signal der Schwäche der Demokraten, teilte der Zentralratspräsident der Juden, Dieter Graumann, mit. Zweifel am Erfolg eines Verbotsverfahrens bezeichnete er als "nicht hilfreich". Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, appellierte an die Bundesregierung, die NPD nicht zu verharmlosen. "Kräfte, die unseren demokratischen Rechtsstaat bedrohen, können nicht mit staatlichen Mitteln finanziert werden", sagte Rose.

Der nordrhein-westfälische CDU-Vorsitzende Armin Laschet forderte die Bundesländer auf, den NPD-Verbotsantrag fallen zu lassen. "Die Länder sollten noch einmal darüber nachdenken, ob sie wirklich vor das Bundesverfassungsgericht ziehen wollen", sagte er "Welt Online". Die NPD habe keinen ernsten Zulauf mehr. Der Innenminister Mecklenburg-Vorpommerns und Sprecher der CDU-geführten Länder der Innenministerkonferenz, Lorenz Caffier, hält dagegen die Entscheidung der Bundesregierung für nicht nachvollziehbar. Auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und die thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) bedauerten den Kabinettsbeschluss. Sie wollen am Verbotsverfahren festhalten.

Im Jahr 2003 war ein erstes Verbotsverfahren gegen die NPD gescheitert, weil V-Männer des Verfassungsschutzes auch in der Führungsriege der rechtsextremen Partei aktiv waren. Im damaligen Verfahren hatten der Bundesrat als Vertretung der Länder, Bundestag und Bundesregierung einen Antrag gestellt. Im Dezember 2012 beschlossen die Bundesländer, beim Bundesverfassungsgericht erneut einen Antrag für ein Verbotsverfahren zu beantragen.