Menschenrechtlerin Rudolf: "Ohne Frauen ist kein Staat zu machen"

Menschenrechtlerin Rudolf: "Ohne Frauen ist kein Staat zu machen"
Die Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte, Beate Rudolf, zieht eine gemischte Bilanz zur Entwicklung der Frauenrechte in den vergangenen zwei Jahrzehnten.
07.03.2013
epd
Michaela Hütig

Die Weltmenschenrechtskonferenz 1993 in Wien sei ein Meilenstein gewesen, sagte die Staats- und Völkerrechtlerin dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Dort wurden erstmals die Frauenrechte ausdrücklich als Menschenrechte bezeichnet. Die Staatengemeinschaft hat deutlich gemacht, dass Frauen die gleichen Rechte haben wie Männer. Frauenrechte sind keine Sonderrechte."

Seit 1993 seien in einigen Regionen der Welt, vor allem in Lateinamerika, erfreuliche Fortschritte erzielt worden. Die skandinavischen Länder machten sich als Vorreiter um die Gleichstellung von Mann und Frau verdient, sagte Rudolf aus Anlass des Internationalen Frauentags am 8. März. Vor allem in Krisengebieten gebe es hingegen nach wie vor starke Defizite.

In Lateinamerika ist der positive Trend nach Einschätzung der Expertin am auffälligsten. Dort riefen immer mehr Frauen den UN-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau an, weil ihnen etwa der Zugang zu Verhütungsmitteln versperrt werde, sagte Rudolf.

Problematisch ist und bleibt das geschlechtsspezifische Lohngefälle

Zur Situation in Deutschland sagte die Wissenschaftlerin: "Hier haben wir seit 25 Jahren denselben Befund: Problematisch ist und bleibt das geschlechtsspezifische Lohngefälle." Entsprechend lautet Rudolfs Forderung an die Politik: "Ohne Frauen ist kein Staat zu machen." Frauen müssten stärker in staatlichen Führungspositionen, in Parlamenten und Regierungen beteiligt werden.

Mit Blick auf Skandinavien lobt Rudolf besonders die innovativen Elternzeitregelungen. Sie seien von Anfang an darauf angelegt gewesen, dass beide Elternteile in gleicher Weise Verantwortung für Kinder übernehmen können. "Paare, die das nicht tun, müssen mit Nachteilen rechnen", sagte die Expertin. So würden Familienpflichten für Frauen nicht zum Karrierehindernis.

Negativbeispiele in Sachen Frauenrechte sind nach Rudolfs Worten dagegen alle Kriegsgebiete. Bewaffnete Konflikte träfen Frauen oft in mehrfacher Weise: Viele würden das Opfer von Ausbeutung und sexueller Gewalt und müssten allein ihre Familie ernähren, wenn ihre Männer Soldaten würden.

Besorgt äußerte sich Rudolf über Afghanistan. Die Verwirklichung von Frauenrechten sei ein zentraler Grund für die Intervention der internationalen Gemeinschaft gewesen, und dabei seien auch große Fortschritte erzielt worden: "Aber nun treibt uns die Sorge um: Was passiert, wenn die westlichen Truppen abziehen und Frauen dann noch weniger Schutz genießen als jetzt?"