Woche der Brüderlichkeit mit Aufrufen gegen Antisemitismus eröffnet

Woche der Brüderlichkeit mit Aufrufen gegen Antisemitismus eröffnet
Mit Aufrufen gegen den Antisemitismus ist die christlich-jüdische Woche der Brüderlichkeit am Sonntag in Kassel eröffnet worden. Außerdem wurden das Frankfurter Fritz-Bauer-Institut sowie die Schriftstellerin und Übersetzerin Mirjam Pressler mit der Buber-Rosenzweig-Medaille ausgezeichnet. Die diesjährige Woche vom 3. bis zum 10. März steht unter dem Motto "Sachor (Gedenke): Der Zukunft ein Gedächtnis".

Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus seien nicht aus der Gesellschaft verschwunden, sagte die katholische Vorsitzende des Koordinierungsrates der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Eva Schulz-Jander. Beispiele hierfür seien der "stellenweise abscheuliche, menschenentwürdigende Ton der Beschneidungsdebatte" sowie ein als Israelkritik getarnter Antisemitismus. "Nichts davon gehört in unser Land", sagte sie.

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Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) bezeichnete es als außergewöhnlich, dass schon 1948 im "Land der Täter" die erste christlich-jüdische Gesellschaft gegründet worden sei. Ziel müsse es sein, dass alle Menschen in Frieden, Freiheit und ohne Angst leben könnten.

Kassels Oberbürgermeister Bertram Hilgen (SPD) erinnerte daran, dass es noch lange kein normales Leben für Juden in Deutschland gebe. So stehe vor der Kasseler Synagoge Tag und Nacht ein Streifenwagen. "Solange sie geschützt werden muss, leben wir noch nicht in vernünftigen Verhältnissen", erklärte er. Die Mordserie der Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund", der auch ein Kasseler Bürger zum Opfer fiel, habe gezeigt, dass der Neonazismus unterschätzt worden sei. Auch die Zusammenarbeit der staatlichen Behörden zur Aufklärung der Verbrechen habe nicht funktioniert.

Die Erkenntnis, dass man der Vergangenheit nicht entfliehen kann

Die frühere Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, würdigte in ihrer Laudatio für die Preisträger der Buber-Rosenzweig-Medaille das Eintreten des Fritz-Bauer-Instituts für eine differenzierte, generationsübergreifende Gedächtniskultur. Das Institut erforscht die Geschichte und Wirkung des Holocausts und ist benannt nach dem ehemaligen hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer (1903-1968), der die Auschwitz-Prozesse von 1963 bis 1965 angestoßen hat. "Fritz Bauer wusste, dass Verantwortung nicht verjährt", sagte Knobloch.

Mirjam Pressler gehöre zu den bedeutendsten Autorinnen unserer Tage, sagte Knobloch weiter. Ihre Geschichten seien von der Erkenntnis getragen, dass man der Vergangenheit nicht entfliehen könne. Mit ihren Übersetzungen hebräischer Literatur trage sie zudem dazu bei, Fremdheiten abzubauen und das Verständnis für die differenzierte israelische Gesellschaft zu fördern.

Antisemitismus und Chauvinismus wider das göttliche Liebesgebot

Raphael Gross, Direktor des Fritz-Bauer-Institutes, erklärte, dass es seinem Institut nicht um Schande und Schuld gehe, sondern um Verantwortung. Mirjam Pressler fügte hinzu, dass Verantwortung auch Menschen nichtdeutscher Herkunft angehe, da die Verbrechen der Nationalsozialisten gegen die Menschheit gerichtet gewesen seien.

Bereits am Samstagabend sagte der kurhessische Bischof Martin Hein auf einer christlich-jüdischen Gemeinschaftsfeier in Kassel, dass Antisemitismus und Chauvinismus von Grund auf dem biblischen Gebot der Liebe zu Gott und den Menschen widersprächen. Daher müsse man sich entsprechenden Äußerungen und Taten überall entgegenstellen. Christen hätten viel Schuld auf sich geladen, indem sie sich an den Juden versündigt hätten.