Einer der größten Restitutionsfälle an Weimarer Anna-Amalia-Bibliothek geklärt

Einer der größten Restitutionsfälle an Weimarer Anna-Amalia-Bibliothek geklärt
Die Weimarer Klassik-Stiftung hat einen der größten Restitutionsfälle im deutschen Bibliothekswesen erfolgreich abgeschlossen.

Eine als NS-Raubgut identifizierte Almanachsammlung könne nach einer gütlichen Einigung mit den Erben und der Jewish Claims Conference nunmehr rechtmäßig für die Anna-Amalia-Bibliothek erworben werden, sagte Bibliotheksdirektor Michael Knoche am Freitag in Weimar. Der jüdische Leipziger Unternehmer Arthur Goldschmidt (1883-1951) musste 1936 seine Sammlung zwangsweise an das Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar verkaufen.

1955 gelangten die 2.000 Bände mit Almanachen aus dem 17. bis 19. Jahrhundert in die damalige Zentralbibliothek der Deutschen Klassik. In der daraus hervorgegangenen Anna-Amalia-Bibliothek zählen sie den Angaben zufolge zum Kernbestand. Die Palette in Goldschmidts Sammlung reicht von literarischen Musenalmanachen über Ballett, Travestien, Karneval und Masken, Kirchen und Ketzer, Leipziger Frauenzimmer bis zu einem satirischen Mückenalmanach von 1797. Daneben finden sich auch fachkundliche Kalender für Jagd und Forst sowie Schauspieler und Militärs.

Historische Almanache seien heute wichtige Quellen zur zeitgenössischen Kultur, hieß es. In der Goldschmidt-Sammlung seien einige Titel, die antiquarisch nicht mehr verfügbar sind. Der Unternehmer habe die Almanache aus seiner Bibliothek mit insgesamt 40.000 Bänden für 2.000 Goldmark und damit deutlich unter Wert verkaufen müssen. Goldschmidt selbst wurde vorübergehend inhaftiert, sein Sohn kam ins KZ Buchenwald. Die Familie überlebte jedoch und konnte emigrieren.

Nach den Worten von Stiftungspräsident Hellmut Seemann ist die gütliche Einigung zum dauerhaften Verbleib der Almanache ein Ergebnis der Provenienzforschung. Die Stiftung bemühe sich gegenwärtig um ein entsprechendes Forschungsprojekt, da es in ihren Einrichtungen in der NS-Zeit wiederholt zu Ankäufen von unrechtmäßig erworbenem Kulturgut gekommen sei.  Allerdings könne die Stiftung diese Aufgabe nur dann erfüllen, wenn Nachforschungen zur Herkunft zweifelhafter Bestände von den Institutionen, der öffentlichen Hand und der deutschen Öffentlichkeit als gemeinsame Verpflichtung erkannt würden, betonte Seemann.