NS-Opfer aus Osteuropa werden künftig von Deutschland entschädigt

NS-Opfer aus Osteuropa werden künftig von Deutschland entschädigt
Die Bundesregierung entschädigt NS-Verfolgte aus Osteuropa und der Sowjetunion, die bislang keine materielle Unterstützung aus Deutschland erhalten haben. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und der Vorsitzende der Jewish Claims Conference, Julius Berman, unterzeichneten am Donnerstag in Berlin eine Neufassung des Entschädigungsabkommens.

Die Änderungen sehen nach Angaben des Bundesfinanzministeriums auch eine Vereinfachung beim Nachweis und eine Vereinheitlichung der Beihilfen vor. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erklärte anlässlich der Feierstunde in Berlin, mit den Änderungen würden etwa 80.000 jüdische Überlebende des Holocaust in Osteuropa erstmals eine materielle Anerkennung ihres Verfolgungsschicksals erfahren. Zudem würden für weltweit rund 100.000 Verfolgungsopfer Leistungen für die häusliche Pflege bereitgestellt.  

Deutschland hat sich 1952 im Luxemburger Abkommen dazu verpflichtet, von den Nationalsozialisten verfolgte Juden für das erlittene Leid zu entschädigen. 1992 trat das sogenannte Artikel-2-Abkommen als Zusatzprotokoll zum Einheitsvertrag in Kraft, das den Kreis der Anspruchsberechtigten erweiterte und dafür Bedingungen und Höhe der Entschädigung festhielt.

Jährlich verhandeln Vertreter der Jewish Claims Conference und des Bundesfinanzministeriums über Anpassungen, die unter anderem durch neue Erkenntnisse aus der Geschichtsforschung nötig werden, um keine Opfergruppen außen vor zu lassen. Derzeit können Betroffene eine Einmalzahlung in Höhe von 2.556 Euro oder monatliche Beihilfen in Höhe von 300 Euro erhalten.

Nach den am Donnerstag unterzeichneten Änderungen muss künftig bei der Beantragung monatlicher Leistungen nur noch ein kürzerer Zeitraum der konkreten Verfolgung nachgewiesen werden. Nun haben den Angaben zufolge diejenigen Anspruch, die mindestens jeweils drei Monate Haft in einem Konzentrationslager oder nationalsozialistischen Ghetto oder mindestens sechs Monate unter menschenunwürdigen Bedingungen, beispielsweise im Untergrund oder einem Versteck, nachweisen können. Bisher waren die verlangten Nachweiszeiten mindestens doppelt so lang.

"Anerkennung, die bitter nötig ist"

Der Zentralrat der Juden in Deutschland würdigte anlässlich der Unterzeichnung des erneuerten Abkommens die Arbeit der Jewish Claims Conference, die sich seit 1951 für individuelle Entschädigungen einsetzt. "Das Leid der Überlebenden kann zwar durch Geld allein nie wieder gut gemacht werden, aber durch die Entschädigungsleistungen erfahren die Opfer auch eine Anerkennung, die bitter nötig ist", erklärte Zentralrats-Präsident Dieter Graumann in Berlin.

Das Kapitel "Entschädigung" dürfe weiterhin nicht abgeschlossen werden, betonte Graumann. Noch immer gebe es Opfer, deren Leid nicht anerkannt wurde. Er verwies dabei auch auf das Problem der bisher nicht nachgezahlten Ghetto-Renten. Deutschland hat den Angaben zufolge seit 1952 mehr als 60 Milliarden Dollar an Entschädigungsleistungen zur Verfügung gestellt.