"Ärzte ohne Grenzen" fordert mehr Soforthilfe im Südsudan

"Ärzte ohne Grenzen" fordert mehr Soforthilfe im Südsudan
Die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" hat mehr internationale Nothilfe für Flüchtlinge im Südsudan gefordert. Fast drei Viertel der Bewohner des Landes hätten keinen Zugang zu einfachster medizinischer Versorgung. Die Mütter- und Kindersterblichkeit sei eine der höchsten weltweit, sagte der Geschäftsführer der deutschen Sektion von "Ärzte ohne Grenzen", Frank Dörner, am Donnerstag in Berlin.

Der Fokus der internationalen Gemeinschaft liege derzeit auf langfristiger Entwicklungshilfe für den Südsudan, sagte Dörner bei der Vorstellung des Jahresberichtes 2011 von "Ärzte ohne Grenzen". Angesichts der Notlage Hunderttausender müsse aber umgehend mehr Nothilfe bereitgestellt werden.

Nach UN-Angaben ist mindestens eine halbe Million Menschen wegen bewaffneter Konflikte im Grenzgebiet von Sudan und Südsudan ohne Versorgung. Etwa 170.000 Menschen seien bisher in den Südsudan geflohen. Allein zwischen Ende Mai und Anfang Juni seien 35.000 Menschen aus dem Sudan in die südsudanesische Region Maban geflohen, sagte Dörner. In den völlig überfüllten Flüchtlingslagern lebten sie unter alarmierenden Bedingungen.

Regenzeit verschärft Situation

Nach Dürre und Hitze hat jetzt die Regenzeit eingesetzt. Die Flüchtlingszeit steht nun zum Teil unter Wasser. "Die anhaltende Feuchtigkeit macht die Menschen krank. Viele leiden an Unterkühlung und müssen in durchnässten Kleidern unter feuchten Planen schlafen", sagte Dörner. In Jaman, einem Lager mit rund 30.000 Bewohnern, sterben seinen Angabenzufolge täglich neun Kinder an Durchfallerkrankungen, Mangelernährung oder Atemwegsinfektionen.

Der Südsudan hat am 9. Juli vor einem Jahr die staatliche Unabhängigkeit erlangt. Seit der Unabhängigkeit häufen sich die gewaltsamen Konflikte, die Ängste vor einem neuen Krieg schüren.

"Ärzte ohne Grenzen" ist derzeit mit 2.200 Mitarbeitern vor Ort. Für ihren Einsatz in den Grenzregionen rechnet die Hilfsorganisation für 2012 mit Kosten in Höhe von 16 Millionen Euro. Die Bundesregierung hat für den gesamten Sudan und Südsudan zunächst zwölf Millionen Euro für die humanitäre Nothilfe bereitgestellt.

78,1 Millionen Euro für Nothilfeprojekte

Nach Angaben des Vorstandsvorsitzenden von "Ärzte ohne Grenzen", Tankred Stöbe, hat die deutsche Sektion 2011 mit 78,1 Millionen Euro so viel Geld wie noch nie für Nothilfe-Projekte zur Verfügung gestellt. Das meiste Geld floss nach Haiti (10,5 Millionen Euro) und Somalia (8,9 Millionen Euro). Die Einnahmen der Hilfsorganisation lagen 2011 bei 78,5 Millionen Euro. Davon waren 71,4 Millionen Euro private Spenden und Zuwendungen.

Als völlig unübersichtlich bezeichnete Stöbe die Lage in Syrien. Nach wie vor bekomme "Ärzte ohne Grenzen" von dem Assad-Regime keine Genehmigung, in das Land einzureisen. Zwei Mitarbeiter, die sich trotzdem im März und April im Nordwesten Syriens ein Bild machen konnten, hätten von gezielten Angriffen auf Ärzte berichtet, die Verwundete versorgen. Viele Menschen trauten sich nicht in die Krankenhäuser, weil sie unter der Kontrolle des Militärs stehen.