WebFish: "Auch im digitalen Bereich brauchen wir Werte"

Foto: epd-bild/Andreas Schoelzel
Landesbischof a.D. Johannes Friedrich (rechts) überreichte den WebFish-Innovationspreis an Oliver Weidermann, Heike Gundacker und Max Wejwer für das "Twittagsgebet" der badischen evangelischen Landeskirche.
WebFish: "Auch im digitalen Bereich brauchen wir Werte"
Die Rede von Bischof Friedrich zur Verleihung des WebFish
Zur Verleihung des WebFish, des Internetpreises der Evangelischen Kirche in Deutschland und des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik, hielt Landesbischof a.D. Johannes Friedrich die Eröffnungsrede. Im "BaseCamp" des Mobilfunkkonzerns E-Plus sprach er zur Verleihung über digitale Chancen und leitete damit eine Diskussion unter den Teilnehmern ein. Evangelisch.de dokumentiert die Eröffnungsrede des Bischofs vom 27. Juni 2012.
28.06.2012
Landesbischof a.D. Johannes Friedrich

Ich freue mich, dass wir heute bei der WebFish-Preisverleihung bei Ihnen zu Gast sein können.

Wir verleihen nicht nur einen Online-Preis, sondern diskutieren auch miteinander. Digitale Chancen - das ist nicht nur der Name der Stiftung - sondern ist auch eine Zielbeschreibung, die ich gerne teile. Wer auf dem Weg ist, braucht auch Partner, die auch auf dem Wege sind. Die E-Plus-Gruppe hat den UDL Round Table initiiert, um einen Ideenaustausch auf Augenhöhe zu realisieren, wie die digitale Welt sich entwickelt. Daher freue ich mich sehr über Ihre Einladung.

Die Entwicklungen im Internet werden einerseits durch technische Innovation getrieben, aber nicht alles, was technisch möglich ist, dient auch den Menschen und der Gesellschaft. Auch in diesem Bereich brauchen wir Werte.

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In den 80er Jahren begann in unseren Kirchen ein "Konziliarer Prozess“. Unter diesem Namen begann ein gemeinsamer Lernweg der christlichen Kirchen zu Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.

Bewahrung der Schöpfung – Umweltschutz – ist kein Randthema heute mehr, sondern essenziell für unsere Gesellschaft – wie es die eingeleitete Energiewende zeigt. Die Nutzung der Atomenergie ist unverantwortlich, wir müssen unseren Energieverbrauch durch nachhaltige Energien – wie Windkraft, Wasserkraft und Sonnenenergie – decken, um verantwortlich mit unserer Schöpfung umzugehen und diese auch für zukünftige Generationen zu bewahren.

Es war ein Lernprozess – auch bei uns in der Kirche – bis uns das Wort „Nachhaltigkeit“ leicht über die Lippen geht. Was wir im Bereich Umweltschutz gelernt haben – und auch in unsere Gesellschaft hineingetragen haben - , gilt auch für andere Bereiche.

"Wir benötigen eine Gesamtstrategie auch für unser Wirtschaftssystem"

Es gilt für die Wirtschaft. Wir wollen kein Wachstum um jeden Preis, sondern einen verantwortlichen Umgang mit Menschen und den Ressourcen der Natur in einer globalisierten Welt. Anfang dieses Monats veranstalteten evangelische Werke und Einrichtungen gemeinsam mit DGB und Naturschutzbund einen Transformationskongress hier in Berlin. Die Expertinnen und Experten stimmten dain überein: Um eine lebenswerte Zukunft in sozialer, ökologischer oder ökonomischer Hinsicht zu sichern, brauchen wir nicht einzelne "Reformen", wie wir sie in den vergangen Jahren erlebt haben, sondern wir benötigen eine Gesamtstrategie auch für unser Wirtschaftssystem. Dies bedeutet - so ein kirchlicher Experte:

- die konsequente Aufwertung der Rolle des Staates durch die Stärkung der Demokratie,
- die Umstellung der Ökonomie in Richtung ökologischer Nachhaltigkeit,
- die Schaffung umfassend inklusiver, nachhaltiger und demokratischer Arbeitswelten, um Teilhabe aller zu verwirklichen.

Demokratie - Ökonomie - Ökologie: dies waren die Diskussionsthemen auf dem Transformationskongress.

"Medien stärker in den Mittelpunkt stellen"

Persönlich bin ich allerdings überzeugt, dass wir bei diesen Diskussionen auch die Medien stärker in den Mittelpunkt stellen müssen. Die Globalisierung unserer Welt ist durch die Medien getragen. Vernetzung von Menschen und auch von Wirtschaftsunternehmen ist ohne das Internet nicht denkbar.
Daher kann die Diskussionsveranstaltung heute auch einen guten Beitrag leisten, dies ins Bewusstsein zu rücken.

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Ich finde es daher sehr spannend, hier die Erfahrungen aus dem konziliaren Prozess auf das Internet zu übertragen. Wir haben gelernt, wie wichtig Nachhaltigkeit für die Bewahrung der Schöpfung ist. Was heißt Nachhaltigkeit aber für Internetnutzung? Als Kirche stehen wir für Werte – aber diese Werte müssen im Leben des Einzelnen und der Gesellschaft zum Tragen kommen. Dafür muss man sie ausbuchstabieren und für die jeweiligen Lebensbereiche übersetzen. Wir wissen nun, was Nachhaltigkeit in Bezug auf den Umgang mit der Schöpfung bedeutet: Wind-, Wasser-, und Sonnen-Energie statt Atomkraft.

Was heißt aber Nachhaltigkeit für die Internetnutzung? Für mich geht es hier nicht nur um Technik, sondern auch um Mediennutzung. Wie sieht nachhaltige Mediennutzung aus? Was bedeutet dies für soziale Netze? Wie müssen sie angelegt sein, um der Nachhaltigkeit in unserem Sinne zu dienen, anstatt Daten der User abzugreifen und kurzfristig einen Profit zu machen? Was heißt dies für Facebook?

"Unverfügbare Werte als Grundlage unserer Gesellschaft"

Wir alle haben zum Einstieg in die Online-Diskussion konkrete Fragen bekommen - die konkreten Antworten weiß ich nicht, da sind Sie die Experten und Expertinnen.

Was ich aber gerne in diese Diskussion hier einbringen möchte, ist meine Erfahrung und Überzeugung – und die meiner Kirche –, dass wir unverfügbare Werte haben, die die Grundlage unserer Gesellschaft sind. Diese brauchen wir auch für das Internet. Wie wir diese Werte auch in diesem Bereich zur Geltung bringen, möchte ich gerne mit Ihnen diskutieren.