Katholikentagsfinale: Zollitsch wirbt für lebendige Kirche

Katholikentagsfinale: Zollitsch wirbt für lebendige Kirche
Den 98. Katholikentag prägten Kontroversen über innerkirchliche Reformen - Mitwirkung von Frauen und Laien, Situation Wiederverheirateter, Strukturreformen in den Bistümern. Gesellschaftliche Themen waren Alterung, Schuldenkrise und Integration. Unter den 20.000 Teilnehmern beim Abschlussgottesdienst am Sonntag war auch Bundespräsident Joachim Gauck.

Das Treffen ging mit einem Appell an die katholischen Christen, die Zukunft der Kirche aktiv zu gestalten, zu Ende. In seiner Predigt forderte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, die Teilnehmer auf, das Katholikentagsmotto "Einen neuen Aufbruch wagen" mit in den Alltag zu nehmen.Nur anklagen oder jammern sei nicht der Weg der Christen, sagte der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück. Sie wollten mit Wertorientierung, Sachverstand und langem Atem den Freiheitsraum der Gesellschaft mit gestalten. Der Kompass dafür sei die unantastbare Menschenwürde. Die Würde des Menschen sei für Christen die eindeutige Grenzziehung gegenüber rechtsradikalen und nationalkonservativen Gruppierungen, die unter Berufung auf "christlichabendländische Werte" Stimmung gegen Ausländer, Homosexuelle oder anderen Gruppen machten.

Die Katholikentagsbesucher hätten gezeigt, "dass Kirche lebendig und dynamisch ist, dass von uns Christen ein Aufbruch ausgeht, den unsere Welt und unsere Kirche benötigen", sagte Zollitsch. Dieser Aufbruch sei auch nicht zu vergleichen mit den Anstrengungen eines Vereins, der am unteren Ende der Tabelle rangiert, oder einer Partei, die aus schlechten Umfragewerten nicht herauskommt. "Aufzubrechen gehört für uns Christen zum Grund unseres Daseins", ergänzte der Freiburger Erzbischof.

Mehr Teilnehmer als bei früheren Treffen

Bereits am Samstag hatten die Veranstalter eine überwiegend positive Bilanz gezogen. Die Zahl der Besucher des fünftägigen Laientreffens wurde mit 80.000 angegeben, darunter 33.000 Dauerteilnehmer. Gegenüber den vergangenen Katholikentagen sei dies ein Anstieg. Bischof Gerhard Müller lud zum 99. Deutschen Katholikentag für 2014 nach Regensburg ein. Zum nächsten evangelischen Kirchentag 2013 in Hamburg luden Kirchentagspräsident Gerhard Robbers und der nordelbische Bischof Gerhard Ulrich in Mannheim die katholischen Christen ein.

"Wir haben eine lebendige, glaubensstarke und vitale Kirche erlebt", sagte der Zentralkomitee-Präsident Glück. Bei vielen Besuchern sei auch Unruhe und Spannung deutlich geworden, wie es mit ihrer Kirche weitergeht. Wichtiges Anliegen seien Lösungen für wiederverheirate Geschiedene und für konfessionsverschiedene Paare, die derzeit nicht an der Eucharistie teilnehmen dürfen. "Es wird erwartet, dass alle vorhandenen Möglichkeiten voll ausgeschöpft werden. Vieles kann und muss man jetzt lösen", sagte Glück. Er sprach auch von dem dringenden Wunsch, Fragen der Sexualmoral endlich offener anzugehen.

Kritiker beklagen "Leitungskrise"

Erzbischof Zollitsch hatte in seiner Bilanz angekündigt, die Bischöfe würden den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen beraten. Es stelle sich die Frage, wie die Seelsorge mit den Betroffenen umgehe und deren Teilnahme am kirchlichen Leben bis hin zum Abendmahl aussehen könne.  Dazu gebe es auf der Frühjahrsvollversammlung 2013 einen Studientag. Der Sprecher der österreichischen Pfarrer-Pfarrerinitiative, Helmut Schüller, beklagte eine Leitungskrise in der katholischen Kirche. Eine "Glaubenskrise oder Kirchenkrise" gebe es dagegen nicht, sagte Schüller am Rande des Katholikentages.

Glück betonte, die Situation der Kirche sei mehr als die Summe ihrer Defizite. Die Vielfalt des kirchlichen Lebens sei nicht Gefahr, sondern Reichtum. Der Katholikentag war dem Präsidenten der katholischen Laien zufolge offen für alle drängenden Fragen. Vertiefung des Glaubens und notwendige Veränderungen seien kein Gegensatz: "Wir setzen auf den Dialog - und wir erwarten den Dialog und Ergebnisse." Die Gesprächskultur des Laientreffens in Mannheim sollte Maßstab für alle kirchlichen Debatten sein, so Glück. Für die Beratungen in der Kirche sollte die Haltung des "hörenden Herzens" eine Orientierung sein. Mit Zugewandtheit und Zuhören werde die Kirche auch wieder anziehender.