Föhr, Amrum (epd). Schluss mit ruhigem Silvester auf den Nordseeinseln Föhr und Amrum? Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig hatte am 9. Dezember das erlassene Komplettverbot von Feuerwerk vorerst gekippt. Föhr und Amrum hatten das Abbrennen aus Umwelt- und Tierschutzgründen untersagt, ein Feuerwerkshändler hat im Eilverfahren dagegen geklagt und Recht bekommen. Das Amt Föhr-Amrum reagierte am 19. Dezember mit einer Allgemeinverfügung: Wie in den Vorjahren ist das Abbrennen von Kleinfeuerwerk wegen erhöhter Brandgefahr für reetgedeckte Gebäude „in weiten Bereichen der Inseln“ verboten.
In der ersten Amtsverordnung vom Juli 2025 hatte sich das Amt Föhr-Amrum für ein komplettes Böllerverbot auf das Immissionsschutzgesetz gestützt. Dagegen urteilte das OVG: „Ein solches Verbot fällt in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Sprengstoffrecht.“ Daher sei das Komplettverbot vom OVG bis zur Entscheidung in der Hauptsache ausgesetzt worden. Die Verhandlung dazu findet 2026 statt. Kommentieren will Amtsdirektor Christian Stemmer die Entscheidung des Gerichtes nicht, auch zu weiteren Schritten im laufenden juristischen Verfahren möchte er sich nicht äußern.
Schutzwürdige Bereiche
Laut bundeseinheitlicher Gesetzgebung kann Feuerwerk in sensiblen und schutzwürdigen Bereichen untersagt werden, hieß es vom Bundesverband Pyrotechnik. Kommunen könnten etwa Feuerwerk in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen verbieten. „Ein Großteil der Menschen auf den Inseln Föhr und Amrum, von ehrenamtlichen Feuerwehrleuten und Sanitätsdienst über Reetdach-Hausbesitzern und Tierfreunden bis hin zu den Urlaubsgästen, schätzt es, einen ruhigen Jahreswechsel verbringen zu können“, sagte Stemmer.
Er hofft, dass Menschen freiwillig auf Böllerei verzichten. „Auch die relevanten Einzelhändler auf Föhr und Amrum halten freiwillig am Verkaufsverzicht von Feuerwerkskörpern fest“, sagte der Amtsdirektor laut Mitteilung. Dies sei ein „starkes und verantwortungsbewusstes Zeichen“ der Inselgemeinschaft.
Verärgerte Reaktionen
Gäste, Bewohnerinnen und Bewohner reagierten in den sozialen Medien verärgert auf das gekippte Komplettverbot. „Für uns ist es völlig unverständlich, dass diese gängige und weithin akzeptierte Praxis, an Silvester auf Feuerwerk zu verzichten, jetzt infrage gestellt wird“, sagte der Geschäftsführer der Amrum Touristik, Frank Timpe. Seit Jahren würden Gäste und Einheimische zeigen, wie friedlich und schön ein Jahreswechsel auf Amrum ohne Böllerei sei. Timpe bittet alle Gäste und Amrumer „eindringlich, diesen traditionellen Verzicht auf Feuerwerk aktiv zu unterstützen“. Föhr Tourismus verweist zudem auf eine „besondere Verantwortung“ für die Insel mitten im Weltnaturerbe Wattenmeer.
Zuvor hatte die Gewerkschaft der Polizei die Forderung nach Feuerwerksverboten unterstützt, um Einsatzkräfte besser zu schützen. Kolleginnen und Kollegen der Polizei und Rettungskräfte würden immer wieder mit Böllern angegriffen und verletzt, hieß es. Die Gewerkschaft fordert eine veränderte Sprengstoffverordnung des Bundes, damit Kommunen Verbotszonen ausweiten könnten.
Tierleid wegen Böllerei
Wie die Inselvertreter appelliert der Naturschutzbund (Nabu) Schleswig-Holstein, auf privates Feuerwerk zu verzichten. Böllerei verursache bei Tieren enormen Stress: Wildtiere und Vögel würden aufgeschreckt, könnten Lärm und Lichtreflexe nicht zuordnen und in Panik geraten. „Energieverlust und Stress können schnell lebensbedrohend werden“, sagte Nabu-Landessprecherin Eva Krautter. Der Vorstoß des Amtes Föhr-Amrum zeige, dass sich die nordfriesischen Inseln der „besonderen Verantwortung für den Schutz ihrer einzigartigen Ökosysteme bewusst sind“, lobte sie.
Das Wattenmeer habe eine „immense Bedeutung“ als Rast- und Überwinterungsgebiet für Vögel. Darunter seien zahlreiche schützenswerte Seevogelarten wie etwa die Zwergseeschwalbe, die in Deutschland vom Aussterben bedroht ist. Bei Vögeln löse der heftige Lärm Fluchtreflexe aus. Krautter: „Wasservögel reagieren sogar noch in zwei bis sieben Kilometern Entfernung auf Feuerwerk.“


