Berlin (epd). Das US-Einreiseverbot für die HateAid-Geschäftsführerinnen Anna-Lena von Hodenberg und Josephine Ballon wegen angeblicher Zensur hat in Deutschland Empörung ausgelöst. Außenminister Johann Wadephul (CDU) und Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) erklärten das Vorgehen der Trump-Regierung für inakzeptabel. Der ebenfalls von Sanktionen betroffene Brite Imran Ahmed erzielte derweil vor einem Gericht in New York einen juristischen Erfolg.
Das Gericht habe seine geplante Abschiebung zunächst gestoppt, sagte der Geschäftsführer des Center for Countering Digital Hate (CCDH) in einem am Donnerstagabend bei LinkedIn geposteten Video. Ahmed, der nach eigenen Worten im Besitz einer dauerhaften US-Aufenthaltsgenehmigung ist, hatte gegen die Sanktionen geklagt. Der Brite lebt mit seiner amerikanischen Frau und seinem Kind in den USA. Er vertraue auf den Rechtsstaat, erklärte Ahmed in seinem Beitrag.
X verklagte britischen Aktivisten
Das von dem Republikaner Marco Rubio geführte US-Außenministerium hatte am Dienstag auch Einreiseverbote gegen die Geschäftsführerinnen der Berliner Organisation HateAid, von Hodenberg und Ballon, verhängt.
Ahmed erklärte: „Elon Musk, der reichste Mensch der Welt, kann seine Lakaien auf uns loshetzen, uns verklagen, und seine Freunde in der Regierung dazu bringen, seine Feinde zu bestrafen“, aber jedes Mal stünden ihm Gerichte im Weg.
Musks Plattform X hat das CCDH 2023 verklagt, nachdem diese einen Anstieg von Hassreden auf der Plattform angeprangert hatten. Die Klage wurde abgewiesen, X legte Rechtsmittel ein. Die Berliner Organisation HateAid hatte sich ebenfalls deutlich gegen Musks Plattform gestellt. Anfang Dezember forderten sie gemeinsam mit weiteren Organisationen die Bundesregierung auf, X zu verlassen. HateAid ist eine 2018 gegründete Organisation, die Betroffenen hilft, sich gegen digitale Gewalt zur Wehr zu setzen.
HateAid spricht von „Einschüchterungstaktik“
Justizministerin Hubig und Außenminister Wadephul erklärten das Vorgehen des US-Außenministeriums für inakzeptabel. Die HateAid Geschäftsführerinnen von Hodenberg und Ballon betonten laut einer Pressemitteilung ihrer Organisation, sie wollten sich nicht einschüchtern lassen. „HateAid bewertet diese Maßnahme als Akt der Repression einer Administration, die zunehmend Rechtstaatlichkeit missachtet und versucht, ihre Kritiker mit aller Härte zum Schweigen zu bringen“, hieß es. Dies sei „Teil einer Einschüchterungstaktik gegen alle, die sich in Europa für die Umsetzung von geltenden Gesetzen auf sozialen Netzwerken einsetzten“und nicht hinnehmbar.
Justizministerin Stefanie Hubig erklärte am Mittwoch, die Organisation leiste einen „wichtigen Beitrag dazu, dass Persönlichkeitsrechte auch im digitalen Raum geschützt werden“. Wenn Betroffene von Hassrede schutzlos blieben, „dann ist der demokratische Diskurs nicht frei“. Ballon und von Hodenberg „haben unsere Unterstützung und Solidarität“, sagte die SPD-Politikerin. Von Hodenberg hatte erst im Oktober das Bundesverdienstkreuz erhalten.
„Unsere Arbeit hat nichts mit Zensur zu tun“
HateAid vermutet, dass das Eintreten für Rechte von Internetnutzern und die Umsetzung von EU-Digitalgesetzen wie dem „Digital Services Act“ Grund für die Sanktionen sei. Ballon sagte dem „Spiegel“: „Unsere Arbeit hat nichts mit Zensur zu tun.“ Inhalte würden nur die Plattformen entfernen, „Strafverfolgung machen Polizei und Staatsanwaltschaft.“
Als Konsequenz der Sanktionen dürften sie und gegebenenfalls ihre Familien nicht mehr in die USA einreisen, schrieb von Hodenberg am Mittwoch auf LinkedIn. Zudem müsse HateAid befürchten, von US-Diensteanbietern gesperrt und blockiert zu werden.
Betroffen von den Sanktionen sind auch der ehemalige EU-Kommissar Thierry Breton sowie die Geschäftsführerin des britischen „Global Disinformation Index“, Clare Melford.


