Berlin (epd). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat vor den Folgen von sinkenden Mitteln für Einrichtungen der Obdachlosenhilfe gewarnt. „Das ist katastrophal für die Menschen“, sagte der Bundespräsident am Donnerstag bei einem Besuch des Tagescafés des Berliner Vereins Straßenfeger. Die steigende Zahl der Wohnungs- und Obdachlosen schaffe eine Konkurrenz um Hilfsangebote. Diese könnten „auch nicht uferlos“ ausgeweitet werden, sagte Steinmeier.
Anlass des Besuchs war das 30-jährige Bestehen der von dem Verein herausgegebenen Straßenzeitung „Straßenfeger“. Der Bundespräsident dankte stellvertretend auch allen anderen Sozialprojekten bundesweit, die sich um wohnungs- oder obdachlose Menschen kümmern: „Wir brauchen diese Menschen nicht nur in der Vorweihnachtszeit und an Weihnachten, sondern an 365 Tagen im Jahr.“
Steinmeier schenkte gemeinsam mit seiner Frau Elke Büdenbender in dem Tagescafé Suppe aus und kam mit den Gästen ins Gespräch. Büdenbender bat die Menschen im Land darum, anderen Menschen „wenn sie können, zu helfen“. Der Bundespräsident besucht traditionell in der Vorweihnachtszeit Sozial- und Obdachlosenprojekte.
Mehr Obdachlose über 70
Laut der Vorständin des Vereins, Tanja Schmidt, gibt es immer mehr Menschen über 70 Jahre, die obdachlos werden. „Deshalb ist es umso wichtiger, dass auch jemand wie der Bundespräsident das öffentlich macht und selbst mitbekommt, dass die Situation sich eher verschärft“, sagte Schmidt. Die meisten Menschen bekämen zwar „die Obdachlosigkeit mit, aber nicht die Häufigkeit, die Anzahl der Menschen, die Summe der verschiedenen Probleme“.
Die Berliner Senatssozialverwaltung unternehme zwar viel dagegen, der Finanzsenator gebe allerdings nicht ausreichend Mittel frei, kritisierte Schmidt: „Es gibt eigentlich keine Notunterkunft in Berlin für obdachlose Menschen, die ausfinanziert ist.“ Am Donnerstag will der Berliner Senat den Doppelhaushalt für die kommenden beiden Jahre verabschieden.
Lage „richtig heftig“
Sie wisse jetzt schon, dass in einigen Projekten des Vereins die neuen Tarife nicht bezahlt werden können, sagte die Straßenfeger-Vorständin. „Das heißt, meine Mitarbeitenden müssen zum alten Tarif weiterarbeiten.“ Es könne auch sein, dass Stellen gekürzt werden. „Die nächsten zwei Jahre werden für jeden sozialen Träger in dieser Stadt richtig heftig“, warnte Schmidt.
Der Verein Straßenfeger betreibt nach eigenen Angaben unter anderem ein Wohnprojekt im Prenzlauer Berg und eine Notübernachtung in Lichtenberg.
6.000 Obdachlose in Berlin
Laut Senatssozialverwaltung lebten Anfang 2025 in Berlin 53.610 wohnungslose Menschen in Wohnheimen, Notübernachtungen und anderen Einrichtungen. Schätzungen gehen außerdem von rund 6.000 Obdachlosen und mehr als 2.300 Menschen aus, die „verdeckt wohnungslos“ sind und bei Angehörigen und Freunden unterkommen. Nach einer Bedarfsprognose der Verwaltung vom Mai 2024 wird für 2028 von rund 100.800 Unterbringungsplätzen für Wohnungslose ausgegangen.
Der 2024 von der Bundesregierung vorgelegte Nationale Aktionsplan sieht vor, dass jede wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Person bis 2030 ein passendes Wohnungsangebot erhält.



