Hilfswerk: Zu wenig Kinderrechte in Deutschland

Hilfswerk: Zu wenig Kinderrechte in Deutschland
Bei der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention gibt es in Deutschland laut Kinderhilfswerk noch Nachholbedarf. Am besten schneiden in einem vergleichenden Index aktuell Berlin, Brandenburg, Hamburg, Schleswig-Holstein und Thüringen ab.
11.12.2025
epd
Von Markus Geiler (epd)

Berlin (epd). Die Länder Berlin, Brandenburg, Hamburg, Schleswig-Holstein und Thüringen schneiden bei der Umsetzung von Kinderrechten bundesweit am besten ab. Das hat der am Donnerstag in Berlin vorgestellte aktuelle „Kinderrechte-Index 2025“ des Deutschen Kinderhilfswerks ergeben. Demnach liegen Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Sachsen im Durchschnitt. Schlusslichter sind Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, das Saarland und Sachsen-Anhalt.

Der „Kinderrechte-Index“ überprüft 101 Indikatoren, die auf der 1990 ratifizierten UN-Kinderrechtskonvention basieren. Untersucht werden unter anderem die Rechte auf Beteiligung, Schutz, Gesundheit, einen angemessenen Lebensstandard sowie Teilnahme am kulturellen Leben. Der erste „Kinderrechte-Index“ war 2019 erschienen

Flickenteppich

Insgesamt zeige sich, dass es bei der Umsetzung noch großen Nachholbedarf gebe, sagte die Vizepräsidentin des Kinderhilfswerks, Anne Lütkes. Vielfach entscheide der Wohnort darüber, inwiefern Kinderrechte verwirklicht würden, etwa durch frühkindliche Bildungsangebote, Mitbestimmungsmöglichkeiten in der Kommune, in der Schule und im Verein, durch eine ausreichende ärztliche Versorgung, die Förderung von Kinder- und Jugendarbeit oder funktionierende Kinderschutzsysteme. Lütkes spricht deshalb von einem „föderalen Flickenteppich“.

Dabei sind die Bundesländer in einzelnen Bereichen unterschiedlich weit. So liegen bei der Umsetzung des Rechts auf politische Beteiligung Bremen, Brandenburg, Hamburg, Schleswig-Holstein und Thüringen weit vorne. Das Recht auf Schutz setzen laut Index Brandenburg, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein vergleichsweise am besten um.

Recht auf Bildung und Freizeit

Beim Recht auf Gesundheit schneiden Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Sachsen und Thüringen am besten ab. Beim Thema Lebensstandard sind es Baden-Württemberg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Thüringen.

Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Niedersachsen und Sachsen messen dem Index zufolge wiederum dem Recht auf Ruhe und Freizeit, Spiel und Erholung sowie Teilnahme am kulturellen und künstlerischen Leben große Bedeutung bei. Bei der Umsetzung des Rechts auf Bildung setzen Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen im bundesweiten Vergleich die Maßstäbe.

Luft nach oben

Laut Lütkes zeigt der Index auch, dass die Umsetzung der Kinderrechte an vielen Stellen nicht nur eine Frage der Kassenlage, sondern auch des politischen Willens ist. In mehreren Bereichen habe es seit 2019 Fortschritte gegeben. So hätten einige Bundesländer die Beteiligungsrechte für Kinder und Jugendliche gesetzlich gestärkt, Landesstrategien für den Kinderschutz entwickelt oder Programme gegen Kinderarmut gestartet.

Jedoch setze kein Bundesland die Kinderrechte umfassend um, betonte Lütkes: „Hier ist noch viel Luft nach oben.“ So bräuchten alle Länder eine ressortübergreifende Kinder- und Jugendpolitik. Dazu gehörten beispielsweise Landesstrategien gegen Kinderarmut sowie eine kindgerechtere Justiz und Verwaltung.