Verhandlungsmarathon bei Klimagipfel bringt nur Minimalkompromiss

Verhandlungsmarathon bei Klimagipfel bringt nur Minimalkompromiss
Die Weltklimakonferenz in Belém endet ohne verbindlichen Plan zum Ausstieg aus fossilen Energien. Selbst eine 19-stündige Verlängerung des Gipfels bringt keinen Durchbruch. Umweltorganisationen reagieren enttäuscht.
23.11.2025
epd
Von Lena Köpsell (epd)

Belém (epd). Nach zweiwöchigen Verhandlungen ist die 30. Weltklimakonferenz in Belém am Samstag mit einem Minimalkompromiss zu Ende gegangen. Ein viel diskutierter Fahrplan zur Abkehr von Kohle, Öl und Gas fand sich nicht in der Abschlusserklärung, die die Vertreter aus mehr als 190 Staaten nach einer Verlängerung um mehr als 19 Stunden verabschiedeten. Stattdessen einigten sich die Delegierten unter anderem auf eine freiwillige Initiative, die die Länder dabei unterstützen soll, ihre nationalen Klimaziele und die Beschlüsse früherer Konferenzen beschleunigt umzusetzen.

Umwelt- und Klimaschützer kritisierten das Ergebnis scharf. „Diese Weltklimakonferenz ist ein weiteres Opfer der Lobbymacht der Ölstaaten“, erklärte der geschäftsführende Vorstand von Greenpeace, Martin Kaiser. Die Beschlüsse zeigten „das Versagen der internationalen Staatengemeinschaft, gemeinsam und couragiert die eskalierende Klimakrise einzudämmen“. Die Klimachefin des WWF, Viviane Raddatz, pflichtete bei: Die Weltklimakonferenz lasse „die verletzlichsten Menschen auf diesem Planeten im Regen stehen und liefert weder bei deren finanzieller Unterstützung noch in der Eindämmung der Klimakrise“.

#Reem Alabali Radovan: „Viel zu kleine Schritte“

Auch aus der Bundesregierung kam verhaltene Kritik. Es sei „leider noch nicht gelungen, den Prozess hin zu einem Ausstiegs-Fahrplan aus fossilen Energien verbindlich für alle zu beschließen“, teilte Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) mit, der Deutschland in der letzten Woche der Verhandlungen vertreten hatte. Die EU sei geschlossen für mehr Klimaschutz eingetreten, „aber die alte, fossile Welt hat die geopolitische Situation ausgenutzt“. Seine Parteikollegin, Bundesentwicklungsministerin Reem Alabali Radovan, sprach ebenfalls von „viel zu kleinen Schritten“. Die Beschlüsse blieben „hinter dem zurück, was wir uns erhofft und wofür wir gekämpft haben“.

Ein Hinweis auf „fossile Energien“ findet sich nicht in dem Abschlussdokument des Gipfels. Dafür sorgten Öl-Staaten wie Saudi-Arabien, aber auch Russland. Bei den Klimakonferenzen werden die Entscheidungen nach dem Konsensprinzip getroffen. Damit reicht das Veto eines Landes, um einen Beschluss zu verhindern.

#Konferenzpräsidet Corrêa do Lago schlug eigene Initiative vor

Germanwatch-Experte Petter Lydén sieht dennoch Potenzial. „Die in Belém entstandene Dynamik muss aufgegriffen werden, um nun bisher noch zögerliche Länder zu überzeugen“, erklärte er. Die EU und Deutschland müssten mit Ländern des Globalen Südens „langfristige Koalitionen bilden“.

Konferenzpräsident André Corrêa do Lago kündigte nach der Annahme der Abschlusserklärung im Plenum eine eigene Initiative für einen Fahrplan zur Abkehr von den fossilen Energien an. Neben hochrangigen Gesprächen verwies er auf eine Konferenz, die kommendes Jahr in Kolumbien stattfinden soll.

In dem Abschlusspapier wurde auch zu Bemühungen aufgerufen, die Hilfe bei der Anpassung an den Klimawandel für Entwicklungsländer ausgehend von dem Niveau von 2025 bis 2035 zu verdreifachen.

#„Brot für die Welt“: Anpassungsfinanzierung „enttäuschend schwach“

Die Klima-Expertin von „Brot für die Welt“, Sabine Minninger, bezeichnete die Beschlüsse zur Klimaanpassung als „enttäuschend schwach“. Die Verdreifachung bis 2035 erfolge „ohne Klarheit, wie hoch die Bereitstellung im Jahr 2025 überhaupt sein wird“, kritisierte Minninger. Der lange Erfüllungszeitraum erschwere zudem die Planungssicherheit der betroffenen Länder erheblich.

Die ärmeren Länder hatten ursprünglich 120 Milliarden US-Dollar (103 Milliarden Euro) jährlich bis 2030 gefordert. Laut einem aktuellen UN-Bericht bräuchten die ärmeren Länder bis 2035 mehr als 310 Milliarden US-Dollar jährlich für die Anpassung. Im Jahr 2023 haben die reichen Länder jedoch nur 26 Milliarden US-Dollar gezahlt.

Die Konferenz in der brasilianischen Amazonas-Metropole Belém sollte eigentlich am Freitag enden. Weil viele Streitfragen bis dahin ungeklärt blieben, ging der Gipfel jedoch in die Verlängerung.