Stuttgart, Berlin (epd). Die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer warnt vor Kürzungen bei Therapie und Beratung von Gewaltopfern. Ohne professionelle Hilfe für Betroffene könne es keine gelingende Integration geben, sagte Ulrike Maria Schneck, die Vorstandsvorsitzende des Vereins, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Eine angemessene gesundheitliche Versorgung traumatisierter Geflüchteter ist im Übrigen keine rein moralische Frage. Die Bundesregierung ist rechtlich dazu verpflichtet, unter anderem durch die UN-Antifolterkonvention.“
Allein die Finanzierung durch den Bund soll nach ihren Angaben um mehr als 40 Prozent sinken. Das habe dramatische Folgen, sagte die Psychologin und Leiterin von Refugio Stuttgart. Wer die Beratungsstrukturen beschneide, riskiere enorm hohe Folgekosten.
Bei Refugio seien 2023 knapp 30.000 Personen behandelt worden. „Die ernüchternde Realität allerdings ist, dass wir damit nur drei Prozent des geschätzten Bedarfs abdecken können“, berichtete Schneck. Die Nachfrage übersteige die Kapazität in allen Zentren um ein Vielfaches. Die Wartezeit für ein Erstgespräch in einem der Zentren betrage mehr als sechs Monate.
Mehr als ein Viertel der Gesamtförderung der bundesweit 51 Zentren stehe auf dem Spiel. „Manche Standorte sind besonders stark betroffen. Ohne Sofortmaßnahmen müssen sie ab Januar 2026 zwei von drei Fachkräften entlassen.“ Hintergrund sei einerseits die drastische Reduktion der Bundesmittel um mehr als 40 Prozent. Im Haushalt für 2026 sieht die Regierung nur noch 7,1 Millionen Euro für die Versorgung traumatisierter Geflüchteter vor. Dieses Jahr waren es noch etwas mehr als zwölf Millionen. Außerdem besteht seit neun Monaten ein Antragsstopp für Projektgelder aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU, während viele aktuelle Projekte zum Jahresende auslaufen. Schneck: „Es droht ein örtlicher Kollaps der Versorgung.“
Es sei wissenschaftlich erwiesen, dass gerade Traumafolgestörungen so schnell wie möglich behandelt werden müssten, um Chronifizierungen zu vermeiden. Schneck warb dafür, den Geflüchteten denselben Zugang zum Gesundheitssystem zu gewähren wie anderen Menschen auch. Kurzfristig würde das allerdings kaum greifen, denn das Regelsystem sei überlastet. Daher sei eine ausreichende Finanzierung der Psychosozialen Zentren nötig, um diese Versorgungslücke kompetent zu schließen. „Diese Einrichtungen jetzt finanziell auszuhungern, wird uns gesamtgesellschaftlich nichts als Nachteile bringen“, sagte Schneck.




