EU-Parlament schwächt Lieferkettenrichtlinie und Klimaziel 2040 ab

EU-Parlament schwächt Lieferkettenrichtlinie und Klimaziel 2040 ab
Mit der EU-Lieferkettenrichtlinie sollten Unternehmen im Ausland auf die Wahrung von Sozial- und Umweltstandards verpflichtet werden. Nun machte das Europäische Parlament den Weg für eine deutliche Abschwächung frei.
13.11.2025
epd
Von Marlene Brey (epd)

Brüssel (epd). Das Europäische Parlament spricht sich für eine Abschwächung der EU-Lieferkettenrichtlinie aus. 382 Abgeordnete stimmten am Donnerstag in Brüssel für das Vorhaben, 249 dagegen, 13 enthielten sich, wie das Parlament mitteilte. Mit dem Beschluss kann das Parlament nun in die abschließenden Verhandlungen mit den EU-Staaten und der Kommission eintreten. Die dänische Ratspräsidentschaft will die Gespräche noch in diesem Jahr abschließen. Auch das Klimaziel für 2040 wurde den Abgeordneten zur Abstimmung vorgelegt.

Bei der Lieferkettenrichtlinie sollen die Sorgfaltspflichten künftig nur noch für Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und einem Nettoumsatz von über 1,5 Milliarden Euro gelten. Bisher lag die Schwelle bei 1.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von mehr als 450 Millionen Euro. Die Pflicht, Klimapläne zu erstellen, entfällt. Die ursprüngliche Fassung war im Jahr 2024 verabschiedet worden.

Rechte und Rechtsextreme verschaffen Gesetz Mehrheit

Die Mehrheit zur Abschwächung wurde nun auch durch Stimmen der rechten und rechtsextremen Fraktionen möglich, wie Abgeordnete von Sozialdemokraten, Grünen und Linken kritisierten. Der Europaabgeordnete Michael Bloss (Grüne) bezeichnete die Abstimmung als „Dammbruch“ und warf der Europäischen Volkspartei (EVP), zu der auch CDU/CSU gehören, vor, ihre Mehrheit mit der extremen Rechten gebildet zu haben. EVP-Fraktionsvorsitzender Manfred Weber (CSU) erklärte, die Partei habe Bürokratie abbauen, Vorschriften vereinfachen und unnötige Belastungen für Unternehmen beseitigen wollen.

Auch Umweltorganisationen äußerten sich kritisch. „Die Gesetze, die ein grünes Wachstum und eine nachhaltige und resiliente Wirtschaft gefördert hätten, wurden heute bis zur Unkenntlichkeit entkernt“, sagte Laura Niederdrenk vom WWF. Armin Paasch, Menschenrechtsexperte bei der katholischen Hilfsorganisation Misereor, bezeichnete den Beschluss als „Desaster für die Menschenrechte und die EU“.

Die abschließenden Verhandlungen zwischen Parlament, EU-Staaten und Kommission sollen noch im November beginnen. Die dänische Ratspräsidentschaft will sie in diesem Jahr abschließen.

Abstimmung über Klimaziel 2040

Kurz vor der Beschäftigung mit der Lieferkettenrichtlinie hatte das EU-Parlament am Donnerstag seine Position zum Klimaziel 2040 abgestimmt. Bis 2040 sollen die Treibhausgasemissionen der Europäischen Union (EU) um 90 Prozent gegenüber 1990 sinken. Parlament und Mitgliedstaaten sind sich weitgehend einig, dass die EU ihre Emissionen dabei real um mindestens 85 Prozent senken soll. Die restlichen fünf Prozent könnten über Ausgleichsprojekte im Ausland kompensiert werden. Ursprünglich waren nur drei Prozent vorgesehen. Zudem soll der Start des neuen Emissionshandelssystems ETS II für Gebäude und Verkehr um ein Jahr auf 2028 verschoben werden. Das System gilt als zentrales Instrument, um CO2-Emissionen zu verteuern und so den Umstieg auf klimafreundlichere Lösungen zu fördern. Die EU-Kommission soll das Klimaziel außerdem alle zwei Jahre überprüfen und kann es dann abändern.

Viele Abgeordnete begrüßten den Beschluss als Fortschritt für Europas Klimapolitik. „Mit dem heutigen Beschluss schaffen wir Klarheit und Verbindlichkeit für Europas Klimapolitik“, sagte der SPD-Abgeordnete Tiemo Wölken. Gleichzeitig ist vielen bewusst, dass die Ambitionen der EU beim Klimaschutz sinken. Der CDU-Abgeordnete Peter Liese erklärte, er „bedauere persönlich die einjährige Verschiebung von ETS II“.

Scharfe Kritik kam von den Grünen. „Der Wermutstropfen bleibt die Abschiebung des Klimaschutzes in Länder außerhalb der EU “, sagte die österreichische Europaabgeordnete Lena Schilling.