Bischof Bätzing warnt vor großer Vertrauenskrise in der Gesellschaft

Bischof Bätzing warnt vor großer Vertrauenskrise in der Gesellschaft
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, warnt vor einer tiefen Vertrauenskrise in Kirche, Staat und Gesellschaft. Vertrauen könne nur entstehen, wenn Probleme angegangen und spürbar gelöst werden, sagte er bei einem Empfang.

Berlin (epd). Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, hat vor einer großen Vertrauenskrise aller gesellschaftlichen Institutionen gewarnt. Er sprach von einer „tieferliegenden Vertrauenskrise, die uns seit geraumer Zeit beschäftigt und die Kirche, Staat und Gesellschaft gleichermaßen erfasst hat“. Vertrauen könne nur entstehen, „wenn Probleme angegangen und spürbar gelöst werden“, sagte der Limburger Bischof am Montagabend auf dem St. Michael-Jahresempfang seiner Kirche in Berlin.

Studien zeigten, dass das Vertrauen in Kirchen, Regierung und Parlamente in den vergangenen Jahren „rapide abgenommen“ habe, sagte Bätzing vor Gästen aus Kirche, Politik, Gesellschaft und Wirtschaft. Unter anderem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) und Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU) nahmen an dem Empfang teil.

Bätzing: Vertrauen basiert nicht mehr auf Identitäten

Die Kirche müsse anerkennen, dass sich Vertrauen heute nicht mehr „identitätsbasiert“, sondern „leistungs- und erfahrungsbasiert“ bilde, sagte Bätzing. In der Vergangenheit habe man der Kirche deshalb vertraut, weil man sich ihr zugehörig fühlte, „vielleicht sogar für unsere Verhältnisse im katholischen Milieu beheimatet war“. Heute vertraue man einer Kirche vornehmlich, „wenn sie erfüllt, was in meinen Augen ihre Aufgabe ist“, sagte der Bischof.

Laut Bätzing wird an der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt deutlich, dass die Kirche bis heute „vielfach hinter ihrem eigenen Anspruch zurückbleibt“. Die Vertrauensverluste seien umso massiver, wenn der Eindruck entstünde, „Aufarbeitung und Betroffenenorientierung würden noch immer schleppend und halbherzig betrieben“. Umgekehrt lässt sich dem Bischof zufolge feststellen: „Wer Probleme angeht und spürbar zu lösen versteht, gewinnt Vertrauen.“

Es braucht eine „Kooperation der Hoffnungsvollen“

Angesichts wachsender Spaltung, Misstrauen und Aggression brauche es „Kooperationen der Hoffnungsvollen“, die sich gemeinsam für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung einsetzen. Die Kirche solle sich dabei wieder stärker als „gesellschaftliche Akteurin mit diakonischem Profil“ verstehen, forderte Bätzing.

„In den grundlegenden Debatten des gesellschaftlichen Diskurses und den sich daraus ergebenden Gesetzesinitiativen wird man auch heute mit Stimmen aus dem Raum der Kirche rechnen müssen“, kündigte der Bischof an. Nicht, um zu stören, sondern „weil uns durch das Evangelium aufgetragen ist, für Frieden und Verständigung zu streiten“, sagte er.