Von Masken, Schellen, Narrenkappen

Narr
gemeinfrei via pixabay / Gert Altmann
Pünktlich zu Beginn der 5. Jahreszeit zeigt eine Ausstellung in Karlsruhe den Weg des Narrs auf, der an den Rändern des Erlaubten gesellschaftliche Regeln bricht.
Beginn der 5. Jahreszeit
Von Masken, Schellen, Narrenkappen
Der Narr ist eine schillernde Gestalt. Seit dem Mittelalter ist sie aus der Kulturgeschichte nicht wegzudenken. Die Ausstellung in Karlsruhe zeigt den Weg des Grenzgängers auf, der an den Rändern des Erlaubten gesellschaftliche Regeln bricht.

Am 11.11. um 11.11 Uhr beginnt sie - die fünfte Jahreszeit, in der die Narren regieren. Doch wie kamen Maske, Schelle und Narrenkappe eigentlich in die Fastnacht? Antworten gibt die Badische Landesbibliothek in Karlsruhe mit ihrer Ausstellung "Narrenfreiheit!? Eine kleine Geschichte des Regelbruchs", die bis zum 21. Februar 2026 gezeigt wird. Die Schau beleuchtet die Kulturgeschichte des Narren und zeichnet nach, wie seine Figur den Weg in die Fastnacht fand.

"Die ganze Narrengestalt hat einen Bezug zur Bibel", erklärt die Kuratorin Katrin Hesse dem Evangelischen Pressedienst (epd). Nach biblischer Lesart ist der Narr jener, der sich von Gott abwendet und sich nur mit sich selbst beschäftigt. Gleich zu Beginn verweist die Ausstellung auf Psalm 53,2: "Es spricht der Tor in seinem Herzen: Es ist kein Gott."

Von diesem Bild des Narren als Gottesleugner ausgehend, führen thematische Stationen durch die Sphären von Liebe und Tod. Historische Texte greifen dabei die Vorstellung vom Sündenfall auf - nach dem Motto: Ohne Ursünde kein Tod. Ein Gemälde des italienischen Malers Giotto di Bondone (14. Jahrhundert) illustriert das "Sündenregister" des Narren: die tönende Schelle als Sinnbild der Sinnentleertheit, der nackte Hintern für Unanständigkeit, der Narrenkopf für Selbstbetrug. Dazu kommen Eselsohren für Trägheit, ein Hahnenkopf für Triebhaftigkeit und der dicke Wanst für Völlerei.

Der Narr wurde früher mit dem Teufel verbunden

Mit solchen Schwächen - Eitelkeit, Geschwätzigkeit, Trägheit - galt der Narr lange als Symbol der Sündhaftigkeit. Oft wurde er in religiösen Darstellungen mit dem Teufel verbunden. Erste Zeugnisse seiner Gestalt stammen aus dem Hochmittelalter, literarisch tritt er vor allem im 14. und 15. Jahrhundert hervor. In den Vitrinen sind Auszüge aus Sebastian Brants Moralsatire "Das Narrenschiff" (1494) zu sehen, einem Bestseller seiner Zeit.

Brant verspottete darin die Laster seiner Mitmenschen. Ergänzt werden die Textpassagen durch Holzschnitte von Albrecht Dürer, die den Narren als "Folterer Christi" zeigen oder das Motiv des "Schiffs des Heils" aufgreifen - Symbol einer Gemeinschaft, die Menschen vor der Sünde bewahren soll. Auch die Wirkungsgeschichte des "Narrenschiffs" wird dargestellt. Autoren und Prediger wie Johann Geiler von Kaysersberg (1444-1510) griffen Brants Ideen auf.

In der Reformationszeit widmete sich der Theologe Thomas Murner (1475-1537) der Figur des Narren in Satiren wie der "Narrenbeschwerung" und der "Schelmenzunfft". Er stellte den Narren als Grenzgänger zum Schelm dar - ein Blickwinkel, der schließlich im "Till Eulenspiegel" (1510) populär wurde. Zwei farbige Gemälde zeigen den Narren in typischer Pose - mit zwei Fingern vor dem Gesicht. "Ein beliebtes Motiv", sagt Hesse. "Es zeigte, dass der Narr es mit der Wahrheit nicht so genau nahm." Nur er durfte sich am Hof erlauben, auch einmal "fünfe gerade sein zu lassen".

Doch sein Status blieb heikel: Kein Höfling stand dem Fürsten näher, und keiner riskierte mehr, dessen Geduld zu strapazieren. Erst im 19. Jahrhundert wandelte sich das Bild des Narren - vom sündhaften Regelbrecher zur fröhlichen Figur der romantisch-bürgerlichen Fastnacht. Heute steht die Freude im Mittelpunkt, doch die Symbolik bleibt: Der Narr darf einmal im Jahr die gesellschaftlichen Regeln brechen und Missstände beim Namen nennen - als Ventil vor der Fastenzeit.