Schwierige Verhandlungen um EU-Klimaziel 2040

Schwierige Verhandlungen um EU-Klimaziel 2040
Wenige Tage vor Beginn der Weltklimakonferenz in Brasilien ringen Europas Umweltminister weiter um die künftige EU-Klimapolitik. Die Mehrheit für das Klimaziel 2040 wankt - und es drohen Schlupflöcher.
04.11.2025
epd
Von Marlene Brey (epd)

Brüssel (epd). Bei der entscheidenden Sitzung der EU-Umweltminister über das europäische Klimaziel für 2040 hat sich Deutschland klar hinter den Vorschlag der EU-Kommission gestellt. Umweltminister Carsten Schneider (SPD) sagte zu Beginn des Treffens am Dienstag in Brüssel, Deutschland unterstütze das Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2040 um 90 Prozent gegenüber 1990 zu senken. „Das entspricht unserem politischen Auftrag, aber auch unserer Verantwortung für die Welt“, betonte er. Die Entscheidung über das 2040er-Ziel sei richtungsweisend für die kommenden 15 Jahre.

Europa will bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent werden, das ist im EU-Klimagesetz festgeschrieben. Als erstes Etappenziel sollen die Emissionen bis 2030 um 55 Prozent sinken. Nun steht das zweite Zwischenziel an: Die EU-Kommission schlägt vor, die Treibhausgase bis 2040 um 90 Prozent zu reduzieren. In begrenztem Umfang sollen dabei Klimaschutzprojekte in Drittstaaten anrechenbar sein, um den Mitgliedstaaten mehr Flexibilität zu geben.

#Mehrheit für neues Zwischenziel unsicher

Ob die Umweltminister eine qualifizierte Mehrheit für das neue Zwischenziel erreichen, war am Dienstagabend noch offen. Mehrere Länder - darunter Polen und Italien - gelten als Bremser. Schneider zeigte sich dennoch optimistisch: „Ich setze darauf, dass wir zu einer Einigung kommen.“

Aus Diplomatenkreisen hieß es jedoch, Deutschland habe sein Gewicht vor Beginn der Verhandlungen nicht eingebracht. „Deutschland ist sehr leise“, sagte eine Diplomatin dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Ein zentraler Streitpunkt ist der Umfang internationaler Emissionszertifikate, die auf das EU-Ziel angerechnet werden dürfen. Die Kommission schlägt eine Obergrenze von drei Prozent vor. Schneider bekräftigte, Deutschland unterstütze diesen Vorschlag: „Wir stehen für ein klares Klimaziel von 90 Prozent und unterstützen die Linie der Kommission mit drei Prozent internationalen Zertifikaten.“ Frankreich fordert dagegen fünf Prozent, Polen sogar zehn Prozent. Sollte sich Deutschland den Forderungen anschließen, müsste die EU ihre eigenen Emissionen also nur um 85 oder 80 statt 90 Prozent senken - den Rest könnte sie sich im Ausland erkaufen.

Kritik von den Grünen

Einige Mitgliedstaaten wollen zudem eine sogenannte „Revisionsklausel“, wonach das Klimaziel alle zwei Jahre überprüft werden soll. „Damit verliert jedes Ziel seine Verbindlichkeit“, kritisierte der Europaabgeordnete Michael Bloss (Grüne) auf X. Frankreich plädiert zudem dafür, das Ziel abzusenken, wenn Wälder und Böden weniger CO2 aufnehmen als erwartet. „Bei brennenden Wäldern ist das Zielminderung mit Ansage - als würde man beim Marathon die Ziellinie verschieben, sobald es anstrengend wird“, erklärte Bloss.

Auch aus der Industrie kommt Kritik. Der Hauptgeschäftsführer des Verbands der Chemischen Industrie, Wolfgang Große Entrup, sagte: „Europa verliert sich in Zieldebatten, statt endlich zu liefern. Klimaneutralität erreicht man nicht mit Sonntagsreden, sondern mit bezahlbarer Energie und verlässlicher Infrastruktur.“

Die Verhandlungen sind nicht zuletzt auch entscheidend für den europäischen Beitrag zur Weltklimakonferenz (COP30), die in wenigen Tagen im brasilianischen Belém beginnt. Nach dem Pariser Klimaabkommen müssen alle Vertragsstaaten alle fünf Jahre sogenannte national festgelegte Beiträge (NDCs) bei den Vereinten Nationen einreichen, in denen sie ihre künftigen Emissionsziele festlegen. Die EU kann ihr neues NDC für 2035 jedoch erst dann offiziell übermitteln, wenn sich die Mitgliedstaaten auf das Ziel für 2040 geeinigt haben - denn dieses bestimmt den gesamten europäischen Emissionspfad.