Wiesbaden (epd). Frauen bleiben in den Führungsetagen deutscher Firmen unterrepräsentiert. Während im vergangenen Jahr rund 1,32 Millionen Männer in Deutschland eine Führungsposition hatten, waren es nach Angaben des Statistischen Bundesamtes nur 540.000 Frauen. Wie die Statistikbehörde am Montag in Wiesbaden mitteilte, waren damit lediglich 29,1 Prozent der Führungspositionen von Frauen besetzt. Dieser Wert habe deutlich unter dem Durchschnitt der Europäischen Union (EU) von 35,2 Prozent gelegen.
Den Spitzenplatz im EU-Vergleich belegte wie bereits im Jahr zuvor Schweden mit einem Frauenanteil von 44,4 Prozent. Relativ hohe Quoten verzeichneten laut EU-Statistikbehörde Eurostat auch Lettland (43,4 Prozent) und Polen (41,8 Prozent). Das Schlusslicht bildete den Angaben nach Zypern, wo nur 25,3 Prozent der Führungskräfte weiblich waren.
Anteil der weiblichen Führungskräfte in Deutschland kaum gestiegen
Seit dem Jahr 2014 habe sich der Anteil der weiblichen Führungskräfte in Deutschland kaum verändert, er sei lediglich um 0,1 Prozentpunkte gestiegen, teilte das Bundesamt mit. Im EU-Durchschnitt habe sich der Anteil der weiblichen Führungskräfte dagegen in diesem Zeitraum um 3,4 Prozentpunkte erhöht. Zu den Führungspositionen zählen in der Statistik die Geschäftsführung kleiner Unternehmen, die Geschäftsführung oder Bereichsleitung großer Unternehmen sowie leitende Positionen im Verwaltungsdienst.
Nach Auffassung der Gewerkschaften reichen die bisherigen politischen Bemühungen für einen höheren Frauenanteil in Top-Positionen nicht aus. Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack erklärte: „Die Frauen-Quote wirkt, wo sie gilt. Aber unser Führungspositionengesetz greift zu kurz.“ Es reiche nicht, qualifizierten Frauen den Zugang zu Spitzenpositionen in 100 Unternehmen zu erleichtern. „Es fehlt der Blick auf die ganze Breite der Wirtschaft. Allein die Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt garantiert keine Chancen auf beruflichen Aufstieg.“ Wer Frauen auf allen Hierarchieebenen in Führungsfunktionen sehen wolle, müsse für eine faire Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern sorgen.
Die wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, Bettina Kohlrausch, verwies ebenfalls auf bestehende Probleme, Erwerbsarbeit mit Sorgearbeit zu vereinbaren, die überwiegend von Frauen geleistet werde. „Gegenwärtig gibt es keinerlei politische Diskussionen, geschweige denn Vorschläge, daran etwas zu ändern“, sagte sie. Die Tatsache, dass der Anteil an Frauen in Führungspositionen in Deutschland stagniert, während er im europäischen Durchschnitt steigt und in vielen Ländern deutlich höher liegt, sei besorgniserregend.



