Düsseldorf, Berlin (epd). Nordrhein-Westfalen (NRW) will in der Sitzung des Bundesrates am Freitag erneut einen Gesetzentwurf zur Einführung der Widerspruchslösung bei der Organspende einbringen. Der Entwurf sieht vor, dass künftig alle volljährigen Menschen in Deutschland grundsätzlich als Organspender gelten, wenn sie dem nicht widersprechen, wie das NRW-Gesundheitsministerium am Donnerstag in Düsseldorf mitteilte. Unterstützt wird der Antrag von sieben weiteren Bundesländern: Baden-Württemberg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen.
Hintergrund des Antrags ist nach Angaben des NRW-Ministeriums die „massive Lücke“ zwischen gespendeten Organen und Personen, die ein Spenderorgan benötigen. Diese Lücke bestehe, obwohl eine Mehrheit der Bevölkerung der Organspende gegenüber grundsätzlich positiv eingestellt sei.
Deutschlandweit warteten zum Stichtag 1. Januar 2025 laut der Stiftung Eurotransplant fast 8.300 Patientinnen und Patienten auf ein Spenderorgan, allein in Nordrhein-Westfalen seien es mehr als 1.700 gewesen. Zugleich seien im Jahr 2024 in Deutschland aber nur rund 2.850 Organe gespendet worden, in NRW waren es laut dem Ministerium knapp 500.
„Ob ein Spenderorgan zur Verfügung steht, ist für viele Menschen eine Frage von Leben und Tod. Nicht zuletzt durch viele Gespräche mit Betroffenen ist mir die Einführung der Widerspruchslösung eine Herzensangelegenheit“, sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Eine solche Regelung biete „eine echte Chance, die Zahl der Organspenden zu erhöhen und dadurch Leben zu retten sowie zermürbende Wartezeiten zu verkürzen“.
Laut Studien lägen die Zustimmungsraten zur Organspende in Deutschland bei mehr als 80 Prozent, sagte Laumann weiter. „Wir haben also keinen Mangel an Menschen, die nach ihrem Tod Organe spenden möchten - sondern ein Dokumentationsproblem.“ Wenn Menschen ihren eigenen Willen nicht hinterlegen, müssten die Angehörigen entscheiden. Aus Sorge, gegen den Willen des Verstorbenen zu handeln, werde die Spende dann häufig abgelehnt. „Die Einführung der Widerspruchslösung kann dieses Dilemma beenden“, so der Minister.
Derzeit gilt in Deutschland die Zustimmungsregelung. Organspender wird nur, wer selbst zu Lebzeiten oder wessen Angehörige nach dem Tod ausdrücklich zustimmen. Die Widerspruchsregelung sieht dagegen vor, dass bei einem hirntoten Menschen Organe entnommen werden dürfen, wenn die betreffende Person dem zu Lebzeiten nicht widersprochen hat. 2020 hatte der Bundestag über die Einführung der Widerspruchsregelung abgestimmt, damals gab es aber keine Mehrheit.