Diakonie: "Wohnkrise reicht bis in die Mitte der Gesellschaft"

Diakonie: "Wohnkrise reicht bis in die Mitte der Gesellschaft"
10.09.2025
epd
epd-Gespräch: Christina Neuhaus

Berlin (epd). Der schwierige Wohnungsmarkt in Deutschland konfrontiert laut der Diakonie eine wachsende Zahl von Menschen mit der Gefahr der Wohnungslosigkeit. „Rasant steigende Mieten führen dazu, dass immer mehr Menschen ihre Wohnungen verlieren - und auf dem überhitzten Markt kaum wieder eine neue finden“, sagte die Bundesvorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, Elke Ronneberger, dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin. „Die aktuelle Wohnkrise reicht bis in die Mitte der Gesellschaft.“

Ronneberger äußerte sich anlässlich des Tags der Wohnungslosen am 11. September. Laut einem 2024 beschlossenen Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung soll Wohnungslosigkeit in Deutschland bis 2030 überwunden sein. In diesem Zeitraum „werden wir das Ziel kaum erreichen, die Hürden sind leider zu hoch“, sagte Ronneberger dem epd. „Trotzdem halten wir an dem ambitionierten Ziel fest und nehmen die Politik in die Pflicht. Nur wer ein Ziel formuliert, kann sich auch auf den Weg dorthin machen.“

Es komme nun darauf an, „dass die Politik glaubhaft hinter dem Ziel steht, Wohnungslosigkeit überwinden zu wollen“, mahnte die Diakonie-Vorständin. Nötig sei „mehr sozialer und gemeinnütziger Wohnraum, der auch tatsächlich Wohnungslosen zur Verfügung steht“. Diese Menschen fielen derzeit auf dem Wohnungsmarkt „oft durch alle Raster“. Ebenfalls wichtig sei, zu verhindern, dass Menschen überhaupt ihre Wohnung verlieren, unter anderem durch flächendeckende Beratungsangebote, sagte Ronneberger. „Denn wer wohnungslos ist, bekommt meist so schnell keine neue Wohnung.“

Ronneberger wies auch darauf hin, dass Wohnungslosigkeit weitere Probleme nach sich ziehe. Betroffene litten „fast immer auch an mangelnder sozialer Teilhabe. Den Menschen fehlt die Wohnung als Basis für ihre sozialen Kontakte“, sagte Ronneberger. „Wer keine Meldeadresse hat, kann zudem häufig keine Verträge, zum Beispiel für ein Handy, abschließen.“ Oft fehle der digitale Zugang ganz. Das Ausgeschlossensein beeinträchtige wiederum in vielen Fällen die psychische und physische Gesundheit, warnte Ronneberger: „Wohnungslosigkeit macht schlicht krank.“

Laut dem Statistischen Bundesamt waren zum Stichtag 31. Januar in Deutschland rund 474.700 Menschen in Unterkünften untergebracht, weil sie keine Wohnung hatten. Die Zahl, die auf Meldungen von Kommunen und Einrichtungen basiert, fiel acht Prozent höher aus als ein Jahr zuvor. Das Statistische Bundesamt führte dies vor allem auf Verbesserungen der Datenmeldungen zurück. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe nutzt eine andere Berechnungsweise und schätzte die Zahl der Betroffenen Ende 2023 auf etwas mehr als 600.000.