Berlin (epd). Pakistan hat über das Wochenende nach Angaben des Auswärtigen Amts weitere Afghanen mit grundsätzlicher Aufnahmezusage aus Deutschland in ihr Herkunftsland abgeschoben. Ein Außenamtssprecher sagte am Montag in Berlin, man gehe von 20 bis 30 abgeschobenen Personen aus. Die Zahl derer, die trotz deutscher Aufnahmezusage in das von den Taliban regierte Land abgeschoben wurden, erhöht sich damit nach seinen Angaben auf rund 230.
Zwischen 10 und 15 Afghanen mit Aufnahmezusage befänden sich zudem in Pakistan in einem Abschiebelager, sagte der Sprecher. Das heißt, auch ihnen droht die zwangsweise Rückkehr nach Afghanistan.
In der Region befinden sich noch rund 2.300 Afghaninnen und Afghanen, die von der vorherigen Bundesregierung Aufnahmezusagen erhalten hatten, weil sie unter dem Regime der Taliban Verfolgung befürchten müssen. Dabei handelt es sich um lokale Mitarbeiter von Bundeswehr, Polizei oder Ministerien, aber auch um Menschenrechtsaktivisten und Anwälte. Die neue Bundesregierung stoppte die Aufnahmen zunächst. Die Koalition aus Union und SPD hatte vereinbart, freiwillige Aufnahmeprogramme „soweit wie möglich“ zu beenden.
Nach erfolgreichen Klagen von Afghanen ließ die Bundesregierung in der vergangenen Woche zehn afghanische Familien einreisen. Ob und für wann weitere Einreisen geplant sind, ließ die Bundesregierung bislang offen. Nach Angaben der Organisation Kabul Luftbrücke gibt es mittlerweile mehr als 30 Eilbeschlüsse des Verwaltungsgerichts Berlin, mit denen die Bundesregierung verpflichtet wird, unverzüglich Visa zu erteilen, oder in einigen Fällen das Verfahren schnellstmöglich abzuschließen und über den Visumsantrag zu entscheiden.
Ein Sprecher von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) bekräftigte am Montag, dass es dabei bleibe, dass jeder Fall der in Pakistan und Afghanistan wartenden Menschen einer Einzelfallprüfung unterzogen wird. Dazu gehört im ersten Schritt die Prüfung, ob die Zusage rechtsverbindlich ist. Nur dann folgt eine Sicherheitsüberprüfung, nach der bei positivem Ausgang ein Visum erteilt wird.
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Schahina Gambir warf der Bundesregierung, namentlich Dobrindt und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), vor diesem Hintergrund „Verschleppungstaktik“ vor. Sie warf Dobrindt zudem vor, selbst für die Verzögerung verantwortlich zu sein. Laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Frage der Grünen wurden seit dem Amtsantritt der neuen Regierung keine Sicherheitsinterviews mehr im Rahmen der Afghanistan-Aufnahmeprogramme geführt.
„Dass die Union so tut, als seien die Prüfungen nicht abgeschlossen, ist eine reine politische Inszenierung, die tödliche Folgen haben kann“, kritisierte die Grünen-Politikerin Gambir. Dobrindt hatte wiederholt betont, dass die Vorgängerregierung, die das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan eingeführt hatte, nicht alle Verfahren abgearbeitet habe.