Expertin: Entwicklung zur Autokratie in USA seit Langem vorbereitet

Expertin: Entwicklung zur Autokratie in USA seit Langem vorbereitet
03.09.2025
epd
epd-Gespräch: Thomas Krüger

Soest (epd). Die USA werden sich nach Einschätzung der deutsch-amerikanischen Kulturwissenschaftlerin Jana Pickette in den nächsten Jahren noch stärker zu einer Autokratie entwickeln. Die heutige Situation sei über Jahrzehnte unter anderem von der religiösen Rechten, Geschäftsleuten und Milliardären vorbereitet worden, sagte Pickette dem Evangelischen Pressedienst (epd). US-Präsident Donald Trump sei für diese Kräfte eine „Galionsfigur“ ohne eigene Ideologie: „Er setzt um, was andere ihm vorlegen“, sagte die Bildungsreferentin der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen.

Die Denkfabrik „Heritage Foundation“ habe mit ihrem „Projekt 2025“ einen politischen „Fahrplan gegen die Demokratie“ erstellt, den die Trump-Regierung gerade umsetze. Spätestens seit der Präsidentschaft Ronald Reagans in den 1980er Jahren hätten sich die Kräfte zusammengefunden, um die US-Institutionen und die Demokratie abzubauen, erläuterte Pickette. Als besonders einflussreich nannte sie unter anderem den Anwalt und Aktivisten Leonard Leo, der eine Reihe sehr konservativer Juristen in den Obersten Gerichtshof der USA „geschoben“ und damit die Unabhängigkeit der Justiz unterminiert habe.

Zur Motivation der antidemokratischen Kräfte sagte die Wissenschaftlerin, die meisten von ihnen wollten ganz einfach „mehr Macht, die Welt neu zu gestalten“. Angestrebt werde eine Art „moderne Version der Monarchie“. Zugleich verlangten diese Leute die Freiheit von jeglichen Konsequenzen für ihr Handeln. Die Tech-Milliardäre hätten zwar eher keine Ideologie, wollten aber vom Staat nichts gesagt bekommen.

Im Hintergrund gehe es darum, in den USA die „Vorherrschaft der Weißen in einem kapitalistischen System“ zu erhalten. Das Bild der Vereinigten Staaten als älteste Demokratie der Welt nannte Pickette einen Mythos. Aufgrund der Sklavenhaltung habe es in den USA keine reine Demokratie gegeben. „Diese Wunde ist nie vernarbt“, erklärte die Fachfrau. Es habe immer Leute gegeben, die sich gegen eine Gleichberechtigung aller Gruppen wandten. Nun hätten diese Kräfte die Technologien, um Menschen zu kontrollieren und zu manipulieren.

Die Deutsch-Amerikanerin kritisierte auch die Führungspersonen der evangelikalen Kirchen in den USA. Noch bis in die 1970er Jahre seien die evangelikalen Christen politisch nicht sehr interessiert gewesen. Seither hörten sie von ihren Anführern, dass das Land untergehe, wenn die demokratische Partei regiere, und sie dies nicht überleben würden, kritisierte die Bildungsreferentin. Die Kirchenleiter pervertierten die Lehren Jesu Christi zur Manipulation und Radikalisierung der Menschen.

Nach Pickettes Einschätzung können sich die US-Bürger aus der Autokratie nur selbst wieder befreien. Dann müssten die Europäer bereit sein, „ihnen beim Aufbau eines besseren Landes unter die Arme zu greifen“, sagte die Expertin.