Cannabis-Legalisierung: Sucht-Experte fordert mehr Prävention

Cannabis-Legalisierung: Sucht-Experte fordert mehr Prävention
01.09.2025
epd
epd-Gespräch: Sonja Scheller

Hannover (epd). Knapp anderthalb Jahre nach der Teil-Legalisierung von Cannabis fordert der Sucht-Experte Michael Cuypers verstärkte Aufklärungsmaßnahmen über dessen Wirkung. „Weniger Repression erfordert mehr Prävention“, sagte er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Cuypers ist Geschäftsführer der niedersächsischen Landesstelle für Suchtfragen.

Die sogenannte Teil-Legalisierung ist Cuypers zufolge ein „Paradigmenwechsel“. Cannabis sei eine psychoaktive und gesundheitsschädliche Substanz, die bislang unter das Betäubungsmittelgesetz fiel. Erwachsene dürften sie nun in bestimmten Grenzen konsumieren. Der Konsum gehe, insbesondere für Jugendliche und junge Erwachsene, mit erheblichen Risiken einher. „Mit Blick auf den Jugend- und Gesundheitsschutz sind die Auswirkungen der Teil-Legalisierung aus meiner Sicht derzeit gar nicht abzusehen.“

Zudem sei nicht sicher, ob der Schwarzmarkt durch die Legalisierung geschwächt wurde. Der Umgang der Politik sei ein „Feldversuch“, sagte Cuypers. „Wir nehmen eine Änderung vor und schauen, welche Wirkungen das hat. Diese Vorgehensweise ist bedenklich.“

Insbesondere junge Erwachsene müssten besser über die Folgen des Cannabiskonsums aufgeklärt werden, betonte Cuypers. „Das ist bislang zu kurz gekommen durch das Gesetz.“ Es brauche dafür klare Strukturen und mehr Personen, die vor Ort in Netzwerken arbeiteten und etwa in Schulen und Sportvereinen aufklärten. „Abzuwarten und zu denken, das wird schon nicht so schlimm werden, ist keine gute Strategie“, warnte der Experte. Die Politik hätte sich mehr Gedanken um die Folgen der Legalisierung machen müssen.

Cuypers zufolge haben die Suchtberatungsstellen in Niedersachsen seit der Legalisierung deutlich mehr Beratungsanfragen erreicht. Unter den Angehörigen, vornehmlich den Eltern, gebe es viele Fragen, große Unsicherheit und großen Aufklärungsbedarf.

Allerdings ist Cuypers zufolge nicht klar feststellbar, ob seit der Legalisierung auch mehr Cannabis konsumiert werde. Im Herbst 2025 werde eine Forschungsgruppe im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums einen Zwischenbericht der Evaluation des Konsumcannabisgesetzes vorlegen. Dann sehe man klarer.

Cuypers begrüßte, dass Cannabis-Konsumenten durch die Teil-Legalisierung nicht mehr als kriminell eingestuft werden. Dadurch werde die Hürde gesenkt, bei Sucht-Problemen und Sucht-Fragen Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dennoch warnte der Experte vor einer Verharmlosung. „Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass der Konsum von Cannabis ein risikoloses Vergnügen und damit unbedenklich ist. Das ist ein falsches Signal.“