Hamburg (epd). Der Soziologe Nils C. Kumkar macht sich keine Sorgen über eine Polarisierung der Gesellschaft in Deutschland. Tiefe ideologische Gräben gebe es hierzulande nicht, sagte Kumkar dem „Spiegel“ (online, Samstag). „Natürlich gibt es Akteure, die das Gefühl von Polarisierung befeuern, Politiker, Intellektuelle, auch Medien.“ Das Konzept sei „so mächtig, weil es so diffus ist, aber zugleich Klarheit suggeriert“.
Kumkar verwies auf die Entscheidung von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU), zum Christopher Street Day keine Regenbogenflagge am Bundestag zu hissen. Damit positioniere sie sich zwischen zwei Lagern, die sich selbst dazu gar nicht zu Wort gemeldet hätten. „Man könnte meinen, es gäbe da draußen ein konsolidiertes links-grünes Woke-Lager und auf der anderen Seite eine große Gruppe konservativer Christen. “Die gibt es aber so gar nicht."
Der Konflikt zwischen Extremmeinungen wird Kumkar zufolge oft nur unterstellt, etwa in der Debatte über die ehemalige Richterkandidatin der SPD für das Bundesverfassungsgericht, Frauke Brosius-Gersdorf: „Erst durch die Erzählung, es gebe eine linksradikale Szene, die das Verfassungsgericht kapern wolle, wurde daraus ein politisches Problem.“
Kumkar forscht an der Universität Bremen zu politischen Konflikten, sozialer Ungleichheit, Rechtspopulismus und Verschwörungstheorien. Am Montag erscheint sein Buch „Polarisierung“.