Expertin fordert bessere Präventionsmaßnahmen gegen Femizide

Expertin fordert bessere Präventionsmaßnahmen gegen Femizide
15.08.2025
epd
epd-Gespräch: Claudia Rometsch

Duisburg (epd). Angesichts zunehmender tödlicher Gewalt gegen Frauen in Deutschland sollten Präventionsmaßnahmen gegen Femizide nach Ansicht der Psychologin Deborah Hellmann ausgebaut werden. Dafür müsse mehr Geld zur Verfügung gestellt werden, sagte die Professorin an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW in Duisburg dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Laut Polizeistatistik wurden 2023 in Deutschland 360 Frauen getötet, neun mehr als im Vorjahr. Bei knapp 70 Prozent dieser Taten handelte es sich um häusliche Gewalt. In Nordrhein-Westfalen ist nach einer am Freitag vorgelegten Studie des Landeskriminalamts fast jedes dritte versuchte oder vollendete Tötungsdelikt an Frauen (31,3 Prozent) in den Jahren 2014 bis 2023 als Femizid einzuordnen.

„Die Zahl der Frauenhausplätze sollte nicht nur erhöht werden, sondern auch so, dass gefährdete Frauen diese gut und schnell in Anspruch nehmen können“, forderte Hellmann. Das bedeute, dass das Angebot von Frauenhäusern stärker an der Lebensrealität der Betroffenen ausgerichtet werden müsse. So sei es etwa oft ein Problem, wenn Frauen Söhne im Teenageralter mit in Frauenhäuser nehmen wollten.

Das Anfang des Jahres beschlossene Gewalthilfegesetz schreibt ab 2032 einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung für Frauen vor, die von Gewalt betroffen sind. Laut der bundesweiten Frauenhaus-Statistik des Vereins Frauenhaus-Koordinierung fehlen derzeit in Deutschland rund 14.000 Frauenhaus-Plätze.

Hellmann sagte, entscheidend für wirksame Prävention sei zudem, dass sie niederschwellig und früh beginne. „Und sie sollte sich nicht ausschließlich an die potenziellen Betroffenen, also Frauen und Mädchen, sondern vor allem an die potenziellen Täter, also Männer und Jungen, richten.“ Entsprechende Maßnahmen könnten zu einem gesellschaftlichen Umdenken und langfristig zu einem Rückgang geschlechtsbezogener Gewalt gegen Frauen beitragen.

Grundsätzlich trete geschlechtsbezogene Gewalt in allen Bildungs-, Einkommens- und Altersgruppen auf. Bei den Tätern handele es sich in den meisten Fällen um Männer aus dem Umfeld der Frau. „Konkret auf Femizide bezogen hat die Forschung gezeigt, dass von keiner Person für Frauen ein höheres Gewaltrisiko ausgeht als von ihren Partnern oder Ex-Partnern.“ Hinter einem Großteil der Frauentötungen stünden Trennungskonflikte.

Um Mädchen und Frauen besser schützen zu können, setzt sich die niedersächsische Landesregierung derzeit für die Einführung des Begriffs Femizid als Mordmerkmal ein. Ob dies juristisch sinnvoll sei, könne sie als Psychologin nicht beurteilen, erklärte Hellmann. „Meiner Meinung nach besteht ein wichtiges Argument darin, dass gesellschaftliche Normen auch durch Gesetze geprägt werden“, sagte sie. „Insofern wäre ein eigener Straftatbestand 'Femizid' möglicherweise sinnvoll.“