Berlin, Karlsruhe (epd). Die Bundesregierung soll sich zu ihrem Kurs in der Klimapolitik vor dem Bundesverfassungsgericht erklären. Wie das Verfassungsgericht am Freitag in Karlsruhe bestätigte, hat die Regierung wegen der Verfassungsbeschwerde mehrerer Umweltverbände und Zehntausender Einzelpersonen über die in ihren Augen unzureichenden Klimaschutzbemühungen Deutschlands Gelegenheit zur Stellungnahme bekommen. Auch Bundestag und Bundesrat sollen den Angaben zufolge bis zum 15. Oktober Stellungnahmen abgeben.
Die Umweltverbände bewerten diesen Schritt als einen ersten Erfolg ihrer Verfassungsbeschwerde. Diese Aufforderung bedeute in der Regel, dass sich das Verfassungsgericht mit der rechtlichen Argumentation und den gestellten Anträgen ernsthaft auseinandersetze, erklärten sie.
Deutsche Umwelthilfe, Germanwatch, Greenpeace, der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der Solarenergie-Förderverein hatten im vergangenen Jahr gemeinsam mit nach ihren Angaben rund 54.000 Einzelpersonen Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingereicht, nachdem die damalige Ampel-Koalition das Klimaschutzgesetz novelliert und aus Sicht der Verbände damit die Klimaschutzbemühungen deutlich abgeschwächt hatte. Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, ab 2045 klimaneutral zu sein.
Die politische Geschäftsführerin des BUND, Verena Graichen, erklärte, die „Zwischenentscheidung“ des Verfassungsgerichts mache Hoffnung, dass die Bundesregierung zu mehr Klimaschutz verpflichtet werde. Umwelthilfe-Geschäftsführer Jürgen Resch sagte, die Verfassungsbeschwerde nehme damit „eine wichtige Hürde“.
Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits in einem Urteil von 2021 die Bundesregierung verpflichtet, mehr zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens zu unternehmen. Daraufhin beschloss die damalige große Koalition das Klimaschutzgesetz, das für verschiedene Sektoren wie Verkehr, Industrie, Gebäude oder Energiewirtschaft konkrete Treibhausgas-Minderungsziele vorschrieb. Mit der Novelle der Ampel-Koalition wurden pauschale Ziele eingeführt und die einzelnen Ressorts damit zum Teil aus der Verantwortung entlassen, was auf starke Kritik bei Umweltschützern stieß.