Genozid-Gedenktag: Schicksal von 2.600 entführten Jesidinnen ungewiss

Genozid-Gedenktag: Schicksal von 2.600 entführten Jesidinnen ungewiss

Berlin, Lollar (epd). Der Beauftragte der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Thomas Rachel (CDU), hat am Jahrestag zum Gedenken an den Völkermord an den Jesiden im Nordirak an das Leid der Religionsgemeinschaft erinnert. „Auch elf Jahre nach den grausamen Verbrechen ist das Schicksal von über 2.600 weiblichen jesidischen Entführungsopfern weiterhin ungewiss“, erklärte Rachel am Sonntag in Berlin. Im August 2014 hatten Kämpfer der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) die Sindschar-Region überfallen und Tausende Männer ermordet, Frauen und Kinder versklavt, verschleppt und misshandelt.

Viele der Tausenden, die vor den Gräueltaten des IS geflohen sind, lebten immer noch in Flüchtlingscamps unter schwierigen Bedingungen, erläuterte Rachel. Die Zerstörung in den Heimatregionen der Jesiden sei groß. Es mangele an Zukunftsperspektiven für die betroffenen Familien. Die traumatischen Erlebnisse der Überlebenden wirkten nach. „Das heutige Gedenken erinnert uns daran, dass Religionsfreiheit kein abstraktes Prinzip, sondern von existenzieller Tragweite ist“, schrieb Rachel. Der Bundestag erkannte im Januar 2023 die Verbrechen als Völkermord an.

Deutschland unterstützt nach den Worten des Bundesbeauftragten Projekte zum Wiederaufbau und zur Aufarbeitung der Verbrechen. Dazu gehörten unter anderem Therapieangebote und die Ausbildung von Traumatherapeuten, die Suche nach Vermissten, die Sicherung von Beweisen, die Instandsetzung von Wohnungen, Wasserversorgung und Schulen in den Heimatregionen der jesidischen Gemeinschaft. Es brauche auch ein entschiedenes Engagement der irakischen Regierung und der kurdischen Regionalregierung, damit Jesidinnen und Jesiden eine Zukunft in ihrer Heimat hätten, forderte Rachel.

Der Zentralrat der Eziden in Deutschland gedenkt in einer Feier am Sonntag im mittelhessischen Lollar der Opfer des Völkermords. Das Jesidentum ist eine monotheistische Religion, deren Wurzeln bis 2.000 Jahre vor Christus zurückreichen. Die Gemeinschaft selbst schreibt sich „Êzîden“. Fanatische Muslime sehen die Gemeinschaft als Sekte und die Mitglieder als „Teufelsanbeter“ an, weil in der jesidischen Religion der „Engel Pfau“ (Melek Taus) eine bedeutende Rolle spielt. Im Koran wird die Figur als gefallener Engel bezeichnet.