Rotes Kreuz sieht Abwurf von Hilfsgütern über Gaza kritisch

Rotes Kreuz sieht Abwurf von Hilfsgütern über Gaza kritisch
29.07.2025
epd
epd-Gespräch: Moritz Elliesen

Frankfurt a.M., Berlin (epd). Mit dem Abwurf von Hilfsgütern über Gaza wird nach Einschätzung der stellvertretenden Teamleiterin für die internationale Programmarbeit beim Deutschen Roten Kreuz (DRK), Julia Meixner, die humanitäre Krise kaum gelindert. Eine zielgerechte Verteilung sei auf diese Weise unmöglich, sagte Meixner dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Dienstag. „Die schwächsten Menschen, also etwa Verletzte oder Kinder, werden damit kaum erreicht - sie sind von der Hilfe erstmal ausgeschlossen.“ Damit widerspreche der Abwurf von Hilfsgütern aus der Luft einem der Grundprinzipien humanitärer Hilfe, der bedarfsgerechten Verteilung.

Der Abwurf von Hilfsgütern aus der Luft sei normalerweise das letzte Mittel der Wahl, um Menschen in abgelegenen Gebieten zu erreichen und wenn dort eine sichere Verteilung gewährleistet sei, sagte Meixner. Das sei beim Gaza-Streifen aber nicht der Fall. „Es entstehen auch große Gefahren für die Menschen durch den Abwurf von Hilfsgütern“, sagte die DRK-Vertreterin. In der Vergangenheit sei es bei Lieferungen aus der Luft zu Verletzten gekommen; auch seien für die Stromerzeugung essenzielle Solarpaneele beschädigt worden. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte am Montag angesichts der dramatischen Lage im Gaza-Streifen eine Luftbrücke für humanitäre Güter über Gaza angekündigt. Diese soll gemeinsam mit Jordanien umgesetzt werden.

Angesichts der humanitären Not im Gaza-Streifen müssten vor allem die Grenzübergänge dauerhaft geöffnet werden, forderte Meixner: „Das ist der Weg, den wir beschreiten müssen, und dafür muss auch der politische Wille erzeugt werden - im Übrigen bei allen Konfliktparteien.“ Mit den Lieferungen auf dem Landweg könnten Hilfsgüter in deutlich größerem Umfang den Küstenstreifen erreichen, und sie seien zudem deutlich billiger als der Abwurf aus der Luft. „Alle Konfliktparteien müssen auf eine würdevolle, sichere und dauerhafte Versorgung der Zivilbevölkerung hinwirken und sollten dabei mit unparteilichen humanitären Organisationen kooperieren“, sagte die DRK-Vertreterin.

Der durch den Hamas-Angriff vom 7. Oktober 2023 auf Israel ausgelöste Krieg hat im Gaza-Streifen eine humanitäre Katastrophe ausgelöst, auch weil Israel immer wieder Hilfslieferungen blockiert. Seit dem Wochenende gelangte erstmals wieder Hilfe in größerem Umfang nach Gaza.

Meixner bezeichnete die Wiederaufnahme von Hilfslieferungen als „kleinen Silberstreif am Horizont“. Es sei aber zu früh, um von tatsächlichen Verbesserungen zu sprechen. Inzwischen habe die humanitäre Krise auch für die Mitarbeitenden der DRK-Schwestergesellschaft, dem Palästinensischen Roten Halbmond, dramatische Folgen. Sie hätten „teils massiv an Gewicht verloren“. Zusätzlicher Druck entstehe durch die ständige Lebensgefahr: „Es ist ein Zusammenspiel zwischen schlechter Versorgungslage, Traumatisierung, Schmerz, Angst und ständiger Vertreibung“, sagte Meixner.