Berlin (epd). Hilfsorganisationen dringen angesichts der schweren Hungerkrise im Gaza-Streifen eindringlich auf ein Ende der israelischen Blockade. Die humanitäre Katastrophe habe „ein unvorstellbares Ausmaß erreicht und ist nicht zu rechtfertigen“, erklärte die Präsidentin von „Brot für die Welt“, Dagmar Pruin, am Freitag in Berlin. Aufgrund der monatelangen Blockade durch die israelische Regierung erreichten viel zu wenige Hilfsgüter den Küstenstreifen.
Alarmiert über die humanitäre Krise in Gaza äußerten sich auch die medizinische Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ und das UN-Kinderhilfswerk Unicef. „Kinder im Gaza-Streifen verhungern“, erklärte Unicef-Regionaldirektor Edouard Beigbeder und forderte einen uneingeschränkten Zugang für humanitäre Hilfe.
Israel blockiert seit Wochen Hilfslieferungen in größerem Umfang für den Gaza-Streifen, unter anderem wegen des Vorwurfs, diese würden von der Hamas instrumentalisiert. Die UN weisen die Vorwürfe zurück. Laut Welternährungsprogramm ist die gesamte Bevölkerung Gazas - etwa zwei Millionen Menschen - von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen.
Pruin, die auch Präsidentin der evangelischen Diakonie Katastrophenhilfe ist, bezeichnete die Bilder aus Gaza als „unerträglich“. Die internationale Gemeinschaft und Hilfsorganisationen stünden bereit, um die Menschen zu unterstützen, würden aber ausgesperrt, sagte die Theologin und kritisierte zugleich die fortdauernde Geiselnahme durch die Hamas als einen schweren Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht.
Die UN fordern seit Monaten mehr Hilfe für die Menschen im Gaza-Streifen. Unicef-Vertreter Beigbeder verwies am Freitag auf Angaben der palästinensischen Behörden, denen zufolge innerhalb von nur 48 Stunden mindestens vier Kinder verhungert seien. Schwere Mangelernährung breite sich unter Heranwachsenden schnell aus - „und die Welt sieht tatenlos zu“, beklagte der Regionaldirektor für den Nahen Osten und Afrika.
Auch „Ärzte ohne Grenzen“ behandelt nach eigenen Angaben immer mehr mangelernährte Menschen in Gaza. „Wir sehen in unserer Klinik täglich die schlimmen Folgen dieser Versorgungsengpässe in Gaza“, sagte die Projektkoordinatorin der Hilfsorganisation in Gaza-Stadt, Caroline Willemen.
Der jüngste Nahostkrieg begann mit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem zahlreiche Israelis getötet und entführt wurden. Wegen der Art der Kriegsführung steigt der internationale Druck auf Israel, auch seitens westlicher Verbündeter. In Deutschland gab es zuletzt eine Debatte, weil die Bundesregierung eine Erklärung mehrerer Staaten mit Kritik an der israelischen Kriegsführung nicht unterzeichnet hatte.
In einer am Freitag von Regierungssprecher Stefan Kornelius verbreiteten Erklärung forderte die Bundesregierung die israelische Regierung nun auf, die Menschen im Gaza-Streifen umgehend mit allem Nötigen zu versorgen. Außerdem müsse es „jetzt einen Waffenstillstand in Gaza“ geben. Alle von der Hamas entführten Geiseln müssten freikommen, und die Terrorgruppe müsse entwaffnet werden. „Eine tragfähige politische Perspektive für Gaza ist notwendig, damit aus einem befristeten Waffenstillstand dauerhafter Frieden werden kann“, heißt es in der Erklärung weiter.
Die deutsche Regierung behielt sich zugleich weitere Schritte vor: „Wenn Fortschritte ausbleiben“, sei sie bereit, „den Druck zu erhöhen“. Wie genau dies aussehen könnte, blieb offen.