Berlin (epd). Mehr als anderthalb Jahre nach dem Beschluss der Bundesländer zur Einführung einer Bezahlkarte für Flüchtlinge bleibt es bei der Anwendung bei einem Flickenteppich. Wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) unter den zuständigen Landesministerien ergab, wird die Karte längst nicht in allen Kommunen angewendet, auch wenn sie inzwischen alle Länder außer Berlin eingeführt haben. Teilweise sind technische Probleme der Grund, andernorts sperren sich auch Kommunen gegen das Bezahlsystem.
Insbesondere in den Flächenländern kommt die Karte der Umfrage zufolge aktuell vor allem in den Erstaufnahmeeinrichtungen zum Einsatz. Sie werden von den Ländern getragen, während die Unterbringung anerkannter Flüchtlinge danach die Kommunen verantworten.
So erhalten unter anderem in Rheinland-Pfalz bislang nur Asylbewerber in Landeseinrichtungen die Karte. Kommunale Abrufe seien bislang nicht erfolgt, es sei aber in den kommenden Wochen damit zu rechnen, hieß es aus dem Integrationsministerium in Mainz. Das zuständige Ministerium in Schleswig-Holstein teilte mit, dass das Fehlen zuverlässig funktionierender Software-Schnittstellen die Verbreitung in die Kommunen hinein bislang verhindert habe. Nach Änderungen bei der Programmierung sollen dort nun Pilotprojekte starten und die Karte bis zum Jahresende flächendeckend verfügbar sein.
Auch in Nordrhein-Westfalen gibt es die Karte bislang nur in den Landesaufnahmeeinrichtungen. Die Kommunen sollen dort künftig entscheiden können, ob sie die Bezahlkarte einführen oder nicht. In Niedersachsen wehren sich Städte wegen befürchteten Mehraufwands gegen die Karte. Osnabrück prüft eine Klage vor dem Niedersächsischen Staatsgerichtshof. Eine flächendeckende Einführung meldeten Bayern und Sachsen-Anhalt.
Dass es bei der Bezahlkarte immer noch einen Flickenteppich gibt, stört offenbar auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). Er hatte nach einem Treffen mit der bayerischen Landesregierung in dieser Woche zur Bezahlkarte gesagt: „Wir werden das in der Koalition nochmal auf den Prüfstand stellen und die Frage klären, ob wir da nicht zu einer einheitlichen Lösung kommen.“ Konkret sprach er von einer Änderung im Asylbewerberleistungsgesetz.
Die Bundesländer hatten sich im Herbst 2023 auf die Einführung einer Bezahlkarte für Flüchtlinge geeinigt. Sozialleistungen sollen damit nicht mehr in bar, sondern in Form einer Geldkarte zur Verfügung gestellt werden. Mit der Karte soll die Auszahlung von Bargeld begrenzt und Überweisungen ins Ausland sollen damit verhindert werden.
Bis auf Berlin, wo die Vorbereitungen zur Einführung der Bezahlkarte noch laufen, haben alle Länder die Karte eingeführt. Fast überall gilt auch die Bargeldgrenze von 50 Euro pro Monat, auf die sich die Regierungschefinnen und -chefs der Länder im vergangenen Sommer geeinigt hatten. Nur Rheinland-Pfalz und Bremen lassen deutlich höhere Barbeträge zu: 130 und 120 Euro.
Begründet wurde die Einführung der Bezahlkarte auch damit, dass sich absehbar der Verwaltungsaufwand bei der Auszahlung der Sozialleistungen an Flüchtlinge reduzieren würde. Dies bewahrheitet sich nach Angaben der Landesministerien, auch wenn sich die Einsparung aufgrund der kurzen Dauer der Einführung noch nicht beziffern lasse. Die Ministerien verweisen vor allem auf den bislang hohen Aufwand für Transport, Bewachung und monatliche Auszahlung der Leistungen in bar.
Die Hamburger Sozialbehörde teilte mit, dass sich Verwaltungsmitarbeitende bereits verstärkt anderen Aufgaben widmen könnten. Aus Rheinland-Pfalz hieß es darüber hinaus, dass man feststellen könne, dass es das „subjektive Sicherheitsgefühl“ der Bewohnerinnen und Bewohner von Aufnahmeeinrichtungen steigere, die Leistungen auf der Karte statt komplett in bar zu haben.