Speyer (epd). Die pfälzische Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst hat wegen der Vorwürfe gegen die Staatsrechtlerin Frauke Brosius-Gersdorf nach ihrer im Bundestag abgesagten Wahl zur Richterin am Bundesverfassungsgericht vor einer öffentlichen Schlammschlacht gewarnt. Sie distanziere sich von einer „Empörungs-Kultur“, die Äußerungen der Juristin zum Abtreibungsrecht „völlig aus dem Kontext gerissen und quasi radikalisiert“ hätten, schreibt Wüst auf ihrer persönlichen Facebook-Seite. Per E-Mail war die Kirchenpräsidentin von einer Person zu einer „kirchlichen Stellungnahme“ zur Kandidatin Brosius-Gersdorf aufgefordert worden.
Wenn sie sich öffentlich dazu äußere, dann nur gegen eine „aufgeheizte, unsachliche und diffamierende öffentliche Kultur, die Menschen über die Klinge springen lässt, ohne auch nur einen zweiten Blick zu wagen oder mehr wissen zu wollen als das, was Schlagzeilen suggerieren“, schreibt die Kirchenpräsidentin. Brosius-Gersdorf sei eine renommierte Juristin, und sie sei ganz offensichtlich geeignet für das höchste Richterinnenamt in Deutschland.
Nach ihrem Kenntnisstand gebe es keine einzige Aussage von ihr, in der diese sich für eine Abtreibung bis zur Geburt ausspreche, wie es ihr unterstellt werde. „Ich sehe keinerlei Anlass, mich als kirchliche Vertreterin einer öffentlichen Diskussion anzuschließen, die für mich unter die Kategorie “Du sollst kein falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten fällt", so Wüst.
Die von der SPD als Bundesverfassungsrichterin vorgeschlagene Staatsrechtlerin Brosius-Gersdorf, an der sich zahlreiche Unions-Abgeordnete gestört hatten, wies Darstellungen zurück, sie sei „ultralinks“ oder „linksradikal“. Unzutreffend und verunglimpfend sei auch die Behauptung, sie habe sich für eine Legalisierung und eine Straffreiheit des Schwangerschaftsabbruchs bis zur Geburt ausgesprochen. Die Richterwahl war in der vergangenen Woche vom Bundestag wegen der koalitionsinternen Querelen über Brosius-Gersdorf kurzfristig vertagt worden.