Paris, München (epd). Die Schlösser des bayerischen Königs Ludwig II. gehören ebenso wie die minoischen Paläste auf Kreta und der versunkene Karibik-Hafen Port Royal zum Kulturerbe der Menschheit. Am Wochenende nahm das Unesco-Welterbekomitee bei seiner 47. Sitzung in Paris mehr als zwei Dutzend neue kulturelle und natürliche Welterbestätten aus Afrika, Asien, Europa sowie Süd- und Mittelamerika in seine Liste auf, wie die Unesco mitteilte.
Die Schlösser Neuschwanstein, Linderhof, Herrenchiemsee und das Königshaus am Schachen gelten als herausragende Zeugnisse des Historismus und der romantischen Visionen König Ludwigs II. von Bayern, erklärte die Deutsche UNESCO-Kommission in einer Mitteilung am Samstagabend. Sie verbinden demnach innovative Architektur mit einem Idealbild einer vergangenen Welt. Ludwig II. ließ die Schlösser in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichten. Das Ensemble ist die 55. Welterbestätte in Deutschland.
„Für unsere Märchenschlösser wird ein Märchen wahr“, jubelte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Die Königsschlösser seien ein Besuchermagnet für Menschen aus aller Welt, und Neuschwanstein sei Bayerns Wahrzeichen schlechthin. Es verbinde große Kunst und Kultur „und auch ein bisschen Kitsch und Klischee“. Söder versprach, man wolle das kulturelle Erbe für kommende Generationen erhalten.
Die Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, Maria Böhmer, sagte, die Königsschlösser seien „architektonische Meisterwerke“ und zeugten von der künstlerischen Vorstellungskraft, aber auch der Exzentrik des Märchenkönigs. Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Serap Güler, zeigte sich erfreut über die Aufnahme und lobte zugleich den hohen Denkmalpflege-Standard in Bayern. Die Königsschlösser sind laut der bayerischen Schlösserverwaltung bereits seit 2015 offiziell auf der deutschen Vorschlagsliste zum Unesco-Welterbe eingetragen.
Bundesheimatminister, Alois Rainer (CSU), gratulierte am Sonntag. Die deutschen Welterbestätten stünden symbolisch für den Reichtum und die Vielfalt aller Regionen in Deutschland und stärkten die regionale Identität. „Für viele Menschen sind sie zugleich ein Stück Heimat, die sie auf Bildern und Andenken in der ganzen Welt wiederfinden“, sagte er.
Neuschwanstein wurde als erstes der vier Schlösser erbaut und gilt mit seinen romantischen Türmen und seiner exponierten Lage vor dramatischer Bergkulisse als Inbegriff des Märchenschlosses. In Linderhof habe Ludwig II. seine Rückzugssehnsucht mit technischen Finessen verbunden, die ihrer Zeit weit voraus gewesen seien, teilte die deutsche Unesco-Kommission weiter mit. Während das Königshaus am Schachen orientalisches Flair in die Alpen gebracht habe, sei die Versailles-Nachahmung Herrenchiemsee schließlich der Bau gewesen, mit dem sich der König finanziell übernahm. Vermutlich aufgrund der hohen Schulden ließ die Regierung Ludwig II. am 8. Juni 1886 für geisteskrank und regierungsunfähig erklären, vier Tage später ertrank er unter ungeklärten Umständen im Starnberger See.
Noch bis Mittwoch tagt das Welterbekomitee, das sich aus 21 gewählten Vertragsstaaten der Welterbekonvention zusammensetzt, am Sitz der Weltkulturorganisation in Paris. Wann und wo das Welterbekomitee das nächste Mal berät, wird am Mittwoch festgelegt.