Berlin (epd). Der Mindestlohn soll 2026 auf 13,90 Euro pro Stunde steigen. Zum 1. Januar 2027 ist eine weitere Anhebung um 70 Cent auf 14,60 Euro geplant, wie die Mindestlohnkommission am Freitag in Berlin mitteilte. Aktuell liegt die Lohnuntergrenze bei 12,82 Euro. Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) kündigte an, der Empfehlung folgen zu wollen. Die SPD hatte im Wahlkampf einen Mindestlohn von 15 Euro gefordert. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD hieß es, dass diese Höhe im Jahr 2026 „erreichbar“ sei.
Die Kommissionsvorsitzende Christiane Schönefeld sagte, der einstimmig gefasste Beschluss sei ein Kompromiss. Er biete den Beschäftigten Schutz und sei für die Betriebe in der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Situation tragbar. Schönefeld sprach von einer „tragfähigen Lösung“, die die Sozialpartner in der Kommission gefunden hätten. Die „sehr schwierigen Gespräche“ seien durch öffentliche Äußerungen zusätzlich erschwert worden.
Schönefeld betonte die Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission als „Grundvoraussetzung für ihre erfolgreiche Arbeit“. Versuche der politischen Einflussnahme seien damit nicht vereinbar. Auch der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, zeigte sich verärgert über die politischen Debatten um den Mindestlohn. Der Wert im Jahr 2027 entferne sich weit von den politischen Vorgaben und sei auch ein Zeichen der „unabhängigen und sachgerechten Abwägungsprozesse im Rahmen des gesetzlichen Auftrags“, sagte Kampeter.
Bas lobt die Einigung der Mindestlohnkommission auf die künftige Höhe der Lohnuntergrenze. Es sei eine gute Nachricht für rund sechs Millionen Menschen in Deutschland, dass ihr Einkommen in den nächsten zwei Jahren steigen wird, sagte Bas. Die Ministerin sprach von einer „ordentlichen Lohnsteigerung“ und kündigte an, der Bundesregierung vorzuschlagen, der Empfehlung der Kommission zu folgen.
Stefan Körzell, Mitglied im Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbunds, rechnete vor, dass Vollzeitbeschäftigte durch die geplante Erhöhung im kommenden Jahr 190 Euro brutto mehr erhalten, bis 2027 solle das Plus bei 310 Euro monatlich liegen. Er forderte zudem eine starke Finanzkontrolle: „Jedes Gesetz ist nur so wirksam, wie es auch kontrolliert wird“, betonte Körzell. Häufig stehe zwar der Mindestlohn auf der Gehaltsabrechnung, werde aber durch Übernachtungskosten oder manipulierte Arbeitsstunden nicht vollständig ausgezahlt.
Die Frage, ob das Gremium eine politisch geforderte Ausnahmeregelung für Saisonarbeitskräfte diskutiert habe, verneinte Schönefeld. Sie betonte, dass das Gesetz „keinerlei Ausnahmeregelung“ hergebe. Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) hatte sich zuvor offen für eine Forderung von Bauernpräsident Joachim Rukwied gezeigt, den Mindestlohn für Saisonarbeitskräfte zu kürzen.
Die Höhe der Lohnuntergrenze wird von unabhängigen Experten der Tarifpartner sowie von Wissenschaftlern ermittelt. Sie wägen ab, welche Mindestlohnhöhe einen angemessenen Schutz für die Beschäftigten bietet, faire Wettbewerbsbedingungen ermöglicht und die Beschäftigung nicht gefährdet. Als Orientierung dient laut Gesetz die Entwicklung der Tariflöhne. Verbindlich wird der Kommissionsbeschluss durch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung.