Fulda (epd). Der Aufarbeitungsbericht zu Fällen sexualisierter Gewalt im katholischen Bistum Fulda zeugt nach Aussage von Bischof Michael Gerber von einem Systemversagen der Kirche. „Diese strukturellen Schwächen müssen wir erkennen, benennen und verändern“, sagte er am Donnerstag in Fulda. Die Aufarbeitung sei dem Bistum ein zentrales Anliegen, sie geschehe nicht auf äußeren Druck, sondern aus eigener Überzeugung. Eine unabhängigen Kommission hatte am 17. Juni ihren Abschlussbericht über die Geschehnisse im Bistum Fulda vorgelegt.
Der Bericht beschreibt die Fälle von 37 beschuldigten Priestern und Kaplanen und 120 Betroffenen. 239 strafbare sexuelle Handlungen sind den Angaben zufolge nachweisbar, aber die tatsächliche Gesamtzahl ist nach Einschätzung der Kommission „sicherlich ein Mehrfaches höher“. Bei ihrer Arbeit hatte die Kommission nach eigenen Angaben 2.124 Akten über einen Zeitraum von 80 Jahren gesichtet.
Bischof Gerber wiederholte seine Bitte um Entschuldigung, die er bereits bei der Vorstellung des Berichts ausgesprochen hatte - „wohl wissend, dass Worte allein nicht genügen“. Entscheidend sei, wie das Bistum mit dem Wissen umgehe: „Wir werden an unserem Handeln in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren gemessen.“ Zwei Gesprächstermine mit der Kommission seien bereits vereinbart, um aus deren Empfehlungen konkrete Maßnahmen abzuleiten.
Der Bericht hatte unter anderem auf gravierende Versäumnisse in der Priesterausbildung früherer Jahrzehnte hingewiesen. Teilweise seien Männer geweiht worden, die bereits während der Ausbildung oder sogar davor auffälliges oder problematisches Verhalten zeigten. Teils war dies trotz klarer Warnungen oder negativer Voten geschehen. Die Unabhängige Kommission unter der Leitung des früheren Fuldaer Oberbürgermeisters Gerhard Möller (CDU) war 2021 eingesetzt worden und arbeitete unabhängig von der Bistumsleitung.