Lengerich (epd). Der katholische Sozialpfarrer Peter Kossen hat die Forderung von Bauernpräsident Joachim Rukwied nach einem geringeren Mindestlohn für Saisonarbeiter kritisiert. „Den Mindestlohn von 15 Euro gerade denen streitig zu machen, die auf Äckern und Höfen bei Hitze und Kälte und sieben Tage in der Woche die Drecksarbeit machen, ist schäbig“, erklärte Kossen am Dienstag in Lengerich. Die Aushöhlung sozialer Standards sei dem Profitinteresse der industriellen Landwirtschaft und des Handels geschuldet und nicht der Existenzsicherung bäuerlicher Landwirtschaftsbetriebe.
„Aus der Beratungsarbeit wissen wir, wie den Arbeitern ohnehin für Unterkunft, Verpflegung und Transport große Teile des Mindestlohns wieder aus der Tasche gezogen werden“, erklärte der Vorsitzende des Vereins „'Aktion Würde und Gerechtigkeit“, der Arbeitsmigranten kostenlose Rechtsberatung und Sprachkurse anbietet. Gerade die untersten Einkommensgruppen treffe die Teuerung der vergangenen Jahre am härtesten. Deshalb müsse der neue Mindestlohn mindestens 15 Euro betragen. Auch in der Landwirtschaft dürfe diese Grenze nicht unterschritten werden, betonte der Theologe und Menschenrechtsaktivist.
Bauernpräsident Joachim Rukwied hatte sich in einem Zeitungsinterview am Montag dafür ausgesprochen, Saisonarbeitskräfte vom Mindestlohn auszunehmen. Sie sollten 80 Prozent des gesetzlichen Mindestlohns erhalten, sagte der Präsident des Bauernverbandes der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“. Rukwied hatte argumentiert, Saisonarbeitskräfte hätten ihren Lebensmittelpunkt „schließlich nicht in Deutschland“.
Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) reagierte mit Kritik auf den Vorschlag des Bauernpräsidenten. Bundesagrarminister Alois Rainer (CSU) zeigte sich offen für die Forderung. „Meine Fachleute prüfen, ob es einen rechtssicheren Weg gibt, Ausnahmen vom Mindestlohn möglich zu machen“, sagte Rainer dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Dienstag).