Zahl antiziganistischer Vorfälle gestiegen

Zahl antiziganistischer Vorfälle gestiegen
Deutlich mehr Übergriffe hat die Melde- und Informationsstelle Antiziganismus für das Jahr 2024 verzeichnet. Viele Fälle traten im Bildungswesen auf. Doch die Organisation sieht auch Erfolge im Kampf gegen Antiziganismus.

Berlin (epd). Antiziganistische Vorfälle haben einer Studie zufolge deutlich zugenommen. Die für 2024 dokumentierten 1.678 Fälle bedeuteten ein Plus von rund 36 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, teilte die Melde- und Informationsstelle Antiziganismus (MIA) bei der Vorstellung ihres dritten Jahresberichts am Montag in Berlin mit.

Am häufigsten sei es zu verbalen Stereotypisierungen gekommen, die mehr als die Hälfte der Fälle ausmachten (856). Darüber hinaus kam es auch zu 57 Angriffen und zu 10 extremen Gewalttaten. Des Weiteren wurden in mehr als einem Drittel der Fälle Menschen antiziganistisch diskriminiert (666). Der Geschäftsführer der Melde- und Informationsstelle, Guillermo Ruiz, nannte die Zahlen ein „alarmierendes Signal“. Fast ein Viertel aller Fälle (369) betraf staatliche Institutionen.

Im Fokus des Berichts stand der Bildungsbereich, da Kinder und Jugendliche häufig von Mitschülern und sogar auch Lehrkräften antiziganistisch diskriminiert würden. 313 Fälle im Bildungsbereich wurden gemeldet. Diese Diskriminierungen hätten oft gravierende Folgen für die Bildungslaufbahn der Heranwachsenden.

Die Organisation MIA warf Bildungseinrichtungen vor, nur selten konsequent zu handeln. Bei 26 antiziganistisch motivierten körperlichen Angriffen an Schulen hätten sich Lehrpersonal und Schulleitung nur in einem Fall korrekt verhalten.

Viele Vorfälle (295) gab es den Angaben zufolge auch im Wohnkontext - etwa, wenn Menschen aufgrund ihres Nachnamens als Mieter abgelehnt wurden oder andere Hausbewohner sie antiziganistisch beleidigten. Zudem habe es in 94 Fällen einen direkten Bezug zur NS-Vergangenheit gegeben. Beispielsweise seien Wohnungstüren und Hauswände mit rechter Propaganda beschmiert, Friedhöfe und Denkmäler geschändet und der nationalsozialistische Völkermord an Sinti und Roma geleugnet worden.

Die Meldestelle sieht jedoch auch Erfolge im Kampf gegen Antiziganismus. In dem Bericht begrüßte die Organisation, dass der Presserat in mehreren Fällen antiziganistische Berichterstattungen missbilligt habe. Auch habe ein Gerichtsurteil die Situation für Roma in Montenegro „besorgniserregend“ genannt. Dies ist laut Bericht ein bedeutender Erfolg in der Benennung des Antiziganismus-Problems.

Antiziganismus beschreibt laut MIA die gesellschaftlich tradierte Wahrnehmung von und den Umgang mit Menschen oder sozialen Gruppen, die als „Zigeuner“ konstruiert, stigmatisiert und verfolgt werden. Die Diskriminierung richte sich unter anderem gegen Sinti und Roma, Jenische und auch Reisende.