Köln (epd). Die humanitäre Lage im Gaza-Streifen spitzt sich nach Angaben des Kinderhilfswerks Unicef weiter zu. Allein im Mai hätten mehr als 5.100 Kinder zwischen sechs Monaten und fünf Jahren wegen akuter Mangelernährung behandelt werden müssen, teilte Unicef Deutschland am Freitag in Köln mit. Nach Angaben der von Unicef unterstützten Ernährungszentren im Gaza-Streifen entspricht dies einem Anstieg von 150 Prozent im Vergleich zum Februar. In der Zeit waren Hilfslieferungen wegen einer Waffenruhe in größerem Umfang möglich.
Von den rund 5.100 Kindern leiden Unicef zufolge mehr als 600 an schwerer akuter Mangelernährung. Sie benötigten dringend Hilfe, um nicht zu verhungern, doch sauberes Wasser, medizinische Versorgung und Behandlungsmöglichkeiten seien im Gaza-Streifen kaum noch verfügbar.
„In nur 150 Tagen - vom Jahresbeginn bis Ende Mai - wurden 16.736 Kinder im Gazastreifen aufgrund von Unterernährung behandelt. Das sind durchschnittlich 112 Kinder pro Tag“, sagte der Unicef-Regionaldirektor im Nahen Osten und Nordafrika, Edouard Beigbeder. Israel müsse dringend die uneingeschränkte und umfassende Lieferung lebensrettender Hilfsgüter über alle Grenzübergänge hinweg ermöglichen. „Es muss jetzt alles unternommen werden, um eine Verschärfung der Hungersituation, die Ausbreitung von Mangelernährung und Krankheiten und letztlich das vermeidbare Sterben von Kindern zu verhindern.“
Nach Angaben von „Ärzte ohne Grenzen“ nimmt auch die Zahl der Verletzten durch Schüsse, Drohnen- und Bombenangriffe seit einigen Wochen zu. Viele von ihnen seien Kinder und Jugendliche, erklärte die deutsche Krankenpflegerin Katja Storck, die im provisorischen Krankenhaus der Organisation in Deir al-Balah in Zentral-Gaza im Einsatz ist. Auch sie verwies auf die schlechte Ernährungslage der Menschen. Auch im Krankenhaus sei es nur möglich, den Patientinnen und Patienten eine einzige Mahlzeit pro Tag zu geben. Für die Mitarbeitenden gebe es kein Essen mehr.
Storck zufolge heilen die Verletzungen schlechter und entzünden sich häufiger. Das liege an der Mangelernährung und fehlenden medizinischen Materialien und Medikamenten. Es brauche dringend einen anhaltenden Waffenstillstand.